Erst einmal schon vielen Dank für die vielen Hinweise und Informationen sowie die rege Diskussion.
Es haben sich einige Fragen ergeben die ich ,wie ich hoffe,zumindestens teilweise beantworten kann.
Diese hellen Bereiche auf dem Schubkastenboden sind aufgrund der eingelaufenen Schubladenführungen entstanden. Der Boden schliff beim Aufziehen der Schublade über die Traverse.
Die Kapitelle und Basen sind leider nicht feuervergoldet . Es ist nur ein sehr heller gelber Messingguß , und der Blitz bei der Aufnahme tat ein Übriges.
Es gab ja einige Fragen zum verwendeten Holz bzw. ob Teile furniert sind.
Ich hab mal ein Photo der Innenseite einer Seitenwand eingestellt ( die feinen geraden Streifen sind Spuren eines Zahnhobels).Das Holz hat eine leicht bräunlich gelblich Farbe, die Maserung ist nicht sehr ausgeprägt und man sieht keinen Unterschied zwischen Kern- und Splintholz. Das Holz ist recht leicht , die Dichte beträgt etwa 0,45-0,5g/cm³( Berechnet aus dem Volumen und Gewicht der Schubladefronten). Das spricht alles für Pappelholz bzw. Espenholz, eventuell wäre auch noch Linde möglich. Die hat aber eine höhere Dichte.
Ich gehe nicht davon aus dass das Holz verwendet wurde weil es einfach da war sondern es gezielt ausgesucht wurde. Dafür spricht das alle ( bemalten) Leisten aus Pappel bestehen während für alle nicht sichtbare Bereiche Kiefer verwendet wurde. Ein besonders starkes Indiz für die Annahme sind die Schubladentraversen. Sie bestehen aus eingegrateten Kiefernbrettern die aber einen ungefähr 5-6mm dicken 'Umleimer' aus Pappel erhalten haben.
Vielleicht ist der Hintergrund das Pappel standfest ist , wenig schwindet und sich gut schnitzen läßt (Säulen). Außerdem wurde Pappel häufiger als Malgrund für Gemälde benutzt.
Das Innenleben des Schreibfaches besteht aus welchen Gründen auch immer nur aus Kiefer (Ausnahme Schreibklappe : Pappel). Die Konstruktion ist in die Seitenteile bzw Boden und Deckel eingegratet was dafür spricht das es der Orginalzustand ist. Der gesamte Innenbereich war mit eine häßlichen braunen Ölfarbe gestrichen die sich durch einen lösungsmittelhaltigen Abbeizer einfach entfernen ließ.Darunter kam eine hellgrüne Farbe auf einem Kreidegrund zum Vorschein.Auf der Schreibplatte war die Farbe fast vollständig durch den Gebrauch abgerieben , nur in den weniger strapazierten Ecken und den Schubladenfronten war sie noch einigermaßen erhalten. Bei solch einer 'giftgrünen' Farbe (die meiner Tochter auch überhaupt nicht gefiel) besteht immer die Gefahr das es sich um Scheeles Grün bzw Schweinfurter Grün handelt. Das sind grüne Pigmente die Arsen und Kupfer enthalten und Anfang des 19.Jh. besonders beliebt waren. Daher hab ich beschlossen die Farbe mit einem alkalischen Abbeizer (Schleifen verbot sich durch die Staubentwicklung) vorsichtig zu entfernen. Jetzt überlegen wir wie das Schreibfach gestaltet werden soll.
Ich versuche bei der Restaurierung so viel ursprüngliche Substanz wie möglich zu erhalten. Der größte Schaden an diesem Möbel ist die untere Abschlußleiste . Die war vollständig von'Holzwürmern' zerfressen (die angrenzende Kiefer mochten die Tierchen nicht) und mußte ersetzt werden. Ansonsten sind die unteren hinteren Ecken dem Holzwurm zum Opfer gefallen, außerdem gibt es noch einige Ausbrüche an den Schubladenfronten und einigen Leisten.
Dann steht noch die Farbretusche an. Ich hoffe mir gelingt das annähernd zu gut wie Rea. Ich habe soetwas noch nie gemacht und außerdem bin ich mir noch nicht sicher ob es sich um Eitempera oder Kaseinfarbe handelt. Für die Kaseinfarbe spricht der teilweise recht dicke Auftrag die Rissbildung in der Schicht.
Wenn ich mir eure Meinung zur Herkunft des Möbels anschaue tendieren die Meisten in Richtung Skandinavien. Wie nux zeigt sind deutliche Ähnlichkeiten mit gustavianischen Möbeln vorhanden.
Zu diskutieren ob es sich nun um ein Biedermeiermöbel oder Empiremöbel oder ein gustavianisches Möbel vom Bauern mit den dicksten Kartoffel handelt ist vermutlich müssig. Wie einige von euch schon sagten weist das Möbel Stilelemente aus verschiedenen Stilen auf die Anfang des 19.Jh. gängig waren.
Viele Grüße
Robert

- Seitenteil innen
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- Traversen
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- untere Abschlußleiste
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- Ecke Ergänzungen
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- Leiste Ergänzungen
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