Alters Bestimmung von altem Schrank

[ArturBerlin]

Hallo,

ich bin über google auf dieses schöne Forum gestoßen und eventuell könnt ihr mir ja weiterhelfen. Ich habe von meiner Großmutter einen alten Schrank geerbt und weiß leider noch nicht ob ich den Schrank mit in meine neue Wohnung nehmen kann. Ich werde oft gefragt wie alt der Schrank ist, aber leider kann ich immer nur "alt" sagen... Leider ist nicht viel über die Historie bekannt, nur dass der Schrank im Raum Bielefeld auf dem Dachboden gefunden wurde.

Folgendes:
* der Schrank besteht aus Vollholz, dies gilt auch für die Rückwand (leider ist der Schrank zu schwer, deswegen habe ich auf ein Foto verzichtet
* Die einzelnen Teile sind soweit ich es erkennen kann mit Nägeln miteinander verbunden.

Vielen Dank für ein paar Information die mir helfen meinen Schrank besser einzuschätzen. Alter und ungefährer Wert wären toll.

Danke!

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[gerümpel]

Hallo Arthur, herzlich willkommen! Du hast einen schlichten, bäuerlichen Kastenschrank aus der Biedermeierzeit, ich denke aus den 1820er bis 40er Jahren. Typisch ist der flache Giebel, die Bretttür mit eingestemmten Gratleisten und die leicht ausgestellten Fußklötze. Der Schrank ist anscheinend aus Kiefernholz und war sicher mal deckend gestrichen, eventuell auch bemalt. Irgendwann wurde er mal abgelaugt und in den heutigen Zustand gebracht. Die Stange ist nicht original, ursprünglich gab es an der Rückwand eine hölzerne Hakenleiste, man sieht noch den Abdruck davon.

[Vlavili]

Phu das ist gar nicht so einfach...
Ich finde es sehr seltsam, dass die Türe keine Füllung hat und nur aus einem Brett besteht, das an der Rückseite mit (ich kann es nicht genau erkennen) einer eingegrateten Leiste(?) stabil gehalten wird. Seltsam ist auch, dass zur Holzverbindung nur Nägel verwendet wurden... Das ist an sich nicht die feine Art... Das kleine "Dächlein" und die Proportionen deuten im ersten Moment auf Biedermeier...aber ich glaube nicht, dass er ganz so alt ist...
Eine detailaufnahme vom Schloss könnte hier möglicherweise ein bisschen weiterhelfen...

[rw]

Mit der Beidermeier-Bezeichnung stimme ich überein und das Holz kein "Show" Holz wie Walnuss oder Mahagoni ist. Ich, wie Gerümple, bin sicher, dass es ursprünglich gestrichen oder gemalt war. Die Tatsache, dass die Tür ein einzelnes Brett mit Splines an der Rückseite ist, um Verzug zu verhindern, zeigt, dass es zu einer Zeit gemacht wurde, als Kiefernholz noch reichlich in Europa war und bevor es in Quantität von Nordamerika importiert werden musste, also denke ich eine Mitte das 19. Jahrhundert ist sein Alter richtig.
Dieser Schrank, denke ich, wurde sehr einfach von einem ländlichen Schreiner gemacht, der keine formale Ausbildung hatte, sondern hatte gerade genug Erfahrung zu wissen, welche Stile in den großen Städten während dieser Ära populär waren.
Das Schloss sieht zu mir nach ein Ersatz aus, doch kann mich aber irren, da das Bild etwas verschwommen ist. Die Fiche Scharniere, wenn Original, würde ein frühes Datum unterstützen.

MfG
rw

[Gast]

Moin,

Schrank ist aus Fichte, war mal ursprünglich gefasst (bemalt) und ist jetzt dank der Abbeizerei keiner Region mehr zuordnungsfähig. Kann im süddeutschen Bereich hergestellt worden sein - allein durch die Fassung wurden die regionalen Unterschiede sichtbar.
Ein sehr einfaches Möbel, ohne großen Zierrat (der Schrank wirkte erst nach der Fassmalerei in sich stimmig).

Geschätzt um 1820 bis 1850 herum entstanden im ländlichen Bereich, leider abgebeizt und damit für den echten Sammler leider so gut wie wertlos.
Es fehlt die rechte Fußleiste, die originale Hakenleiste und die Fassung. Vielleicht noch als praktischer Schrank für den Keller oder Dachboden verwendbar. Historisch gesehen leider wertlos. Ähnliche Möbel werden in Hausratverwertungshöfen im ganz unteren dreistelligen Eurobereich, eher zweistellig angeboten.

[gerümpel]

Ja, es wird wohl Fichte sein, wie Harry sagt. Hier bei uns im Brandenburgischen sind die Dinger meist aus Kiefer...
Er mag keinen allzu großen Geldwert darstellen (zweistellig ist aber Quatsch), mir gefällt er trotzdem. Die negative Bewertung teile ich nicht. Er ist nach 200 Jahren verwendbar wie am ersten Tag und steht auch ohne Farbe sehr gut da. Den fehlenden Fuß könnte man mal ergänzen, ebenso die hängenden Fitschen. Klar, die Fassung ist verloren, das ist aber bei sehr vielen Bauernmöbeln so.
Wir haben auch ein paar solcher Schränke stehen. Bin ich deshalb jetzt ein falscher Sammler?

Die Konstruktion der Schranktür als Bretttür mit Gratleisten (weil Vlavili sie ansprach) ist für Möbel des 17.-19. Jh. übrigens durchaus typisch. Besonders im ländlichen Kontext sind sie sogar häufiger, als Füllungstüren. Sie sind einfach herzustellen und sehr robust. Man findet diese Konstruktion auch bei Türen und Tischplatten.

Anbei mal ein Foto einer Tür von einem ähnlichen Kasten (thüringisch, auch Fichte), der aber ungefähr 100 Jahre älter ist, als der gezeigte (man sieht es nur am Schloss und den Scharnieren). Die Konstruktion der Tür und des Kastens ist identisch, hier wurde die Gratleiste gleich zur Hakenleiste gemacht. Keine Eisennägel, nur Schwalbenschwänze, Gratnute und Holznägel und ein bischen Leim.
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[Gast]

Sicher hat das Möbel einen eigenen Reiz - aber mir persönlich gefallen die ganzen abgebeizten vormals gefassten Möbel einfach nicht. Ich bin da eher für die Fassung und will eigentlich gar nicht so viel Holz sehen. Zumal das Holz nicht so besonders ist, für Möbel die später bemalt worden sind wurden eher astige und nicht so schön aussehende Bretter/Dielen verwendet.
Nach der Fassung war das ja nicht mehr zu sehen.

Brettüren sind sogar heute noch üblich, Stichwort Landhausmöbel.