Bidjar Orientteppich - Wertbestimmung und Alter
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- MichaelK Offline
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Bidjar Orientteppich - Wertbestimmung und Alter
Hallo alle miteinander,
Wir haben diesen Teppich aus Nachlass bekommen und versuchen näheres zu bestimmen wie vermutlichen heutigen Wert falls sich so ein Aussage treffen lässt.
Laut Aufdruck stammt der Teppich aus Bidjar und hat die Maße 251 x 334 cm. Er ist ziemlich dick, etwas über einen Zentimeter.
Ich habe bereits öfters im Forum gelesen dass seit Jahren über den Bedarf vererbt und angeboten wird was sich selbstverständlich auf den potenziellen Preis auswirkt.
Stehe bei Fragen sehr gerne zur Verfügung.
Beste Grüße,
Michael K.
Wir haben diesen Teppich aus Nachlass bekommen und versuchen näheres zu bestimmen wie vermutlichen heutigen Wert falls sich so ein Aussage treffen lässt.
Laut Aufdruck stammt der Teppich aus Bidjar und hat die Maße 251 x 334 cm. Er ist ziemlich dick, etwas über einen Zentimeter.
Ich habe bereits öfters im Forum gelesen dass seit Jahren über den Bedarf vererbt und angeboten wird was sich selbstverständlich auf den potenziellen Preis auswirkt.
Stehe bei Fragen sehr gerne zur Verfügung.
Beste Grüße,
Michael K.
- nilpferd Offline
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Bidjar Orientteppich - Wertbestimmung und Alter
Hallo Michael,
das Etikett und die Münze machen mir die Einschätzung recht einfach.
Bidjar ist ist eine Provenienz im kurdischen Norwesten des Iran, die seit je her für eine besondere Knüpftechnik und hervorragende strapazierfähige Wolle bekannt ist.
Echte Teppiche aus Bidjar in dieser Größe erzielen durchaus 1000€/m" im Handel, Spitzenexemplare, die dann meistens aus dem nicht mehr kurdischem Afshar kommen auch deutlich mehr.
Dein Teppich hat leider mit einem echten Perser nix zu tun.
Es handelt sich um einen in Indien nach "Bidjar-Muster" in mittelfeiner Knüpfung (~250.000 Knoten/m²) für den europäischen Markt reichlich "massenhaft" hergestellten Teppich.
Mit etwas Verkaufsgeschick überzeugte man den Kunden, dass er von nepalesischen Tempeljungfrauen mundgeklöppelt sei.
Natürlich verschweigt man, dass die "Tempeljungfrauen" von ihren Familein zwangsverkauft werden mussten, damit keiner verhungert.
Bodenbeläge dieser Güte findet man oft in stiefmütterlich behandelten Teppichabteilungen von XXLutzen oder am unteren Ende der Teppich-Kibek-Nahrungskette.
Versteh mich bitte nicht falsch - die Wollqualität kann ich von den Fotos nicht einschätzen und in einer Oldtimergarage würde er unter einer Borgward Isabella bestimmt gut aussehen, aber es ist halt nix für Teppichliebhaber oder gar Sammler.
Das Preisschild stammt mindestens aus den 80er Jahren. Wenn der Händler diesen (DM) Preis dafür erzielt hat, war er wahrscheinlich ein paar Tage lang danach nicht mehr ansprechbar, weil er es im Puff verfeiern musste. Im EK kostete der m² dieser Qualität damals ~ 120-150 DM
Die 80er waren aber auch die Granatenzeit der "Räumungsverkäufe", wo in jeder zweiten Eisdiele im Winter ein Teppichräuber drin saß und mit 70% Rabatt gelockt hat. Oft erfolgreich.
Im Handel gehen Indo-Bidjare vergleichbarer Größe und Qualität heute für um die 2k über den Tresen, wobei gerade die Wollqualität aus Indien in den letzten 30 Jahren deutlich besser geworden ist.
Beim Privatverkauf kann ich nicht viel mehr empfehlen, als sich an bekannten Kleinanzeigenportalen zu orientieren, bei einem kurzen Blick darauf habe ich Angebote ab 125€ gesehen...
Das hat auch nix mehr mit "über Bedarf vererbt" zu tun, es ist halt - zumindest für Liebhaber - kein Teppich, sondern ein Bodenbelag.
Viele Grüße,
Martin
das Etikett und die Münze machen mir die Einschätzung recht einfach.
Bidjar ist ist eine Provenienz im kurdischen Norwesten des Iran, die seit je her für eine besondere Knüpftechnik und hervorragende strapazierfähige Wolle bekannt ist.
Echte Teppiche aus Bidjar in dieser Größe erzielen durchaus 1000€/m" im Handel, Spitzenexemplare, die dann meistens aus dem nicht mehr kurdischem Afshar kommen auch deutlich mehr.
Dein Teppich hat leider mit einem echten Perser nix zu tun.
Es handelt sich um einen in Indien nach "Bidjar-Muster" in mittelfeiner Knüpfung (~250.000 Knoten/m²) für den europäischen Markt reichlich "massenhaft" hergestellten Teppich.
Mit etwas Verkaufsgeschick überzeugte man den Kunden, dass er von nepalesischen Tempeljungfrauen mundgeklöppelt sei.
Natürlich verschweigt man, dass die "Tempeljungfrauen" von ihren Familein zwangsverkauft werden mussten, damit keiner verhungert.
Bodenbeläge dieser Güte findet man oft in stiefmütterlich behandelten Teppichabteilungen von XXLutzen oder am unteren Ende der Teppich-Kibek-Nahrungskette.
Versteh mich bitte nicht falsch - die Wollqualität kann ich von den Fotos nicht einschätzen und in einer Oldtimergarage würde er unter einer Borgward Isabella bestimmt gut aussehen, aber es ist halt nix für Teppichliebhaber oder gar Sammler.
Das Preisschild stammt mindestens aus den 80er Jahren. Wenn der Händler diesen (DM) Preis dafür erzielt hat, war er wahrscheinlich ein paar Tage lang danach nicht mehr ansprechbar, weil er es im Puff verfeiern musste. Im EK kostete der m² dieser Qualität damals ~ 120-150 DM
Die 80er waren aber auch die Granatenzeit der "Räumungsverkäufe", wo in jeder zweiten Eisdiele im Winter ein Teppichräuber drin saß und mit 70% Rabatt gelockt hat. Oft erfolgreich.
Im Handel gehen Indo-Bidjare vergleichbarer Größe und Qualität heute für um die 2k über den Tresen, wobei gerade die Wollqualität aus Indien in den letzten 30 Jahren deutlich besser geworden ist.
Beim Privatverkauf kann ich nicht viel mehr empfehlen, als sich an bekannten Kleinanzeigenportalen zu orientieren, bei einem kurzen Blick darauf habe ich Angebote ab 125€ gesehen...
Das hat auch nix mehr mit "über Bedarf vererbt" zu tun, es ist halt - zumindest für Liebhaber - kein Teppich, sondern ein Bodenbelag.
Viele Grüße,
Martin
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Ceterum censeo AFD esse delendam!
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- nux Offline
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Bidjar Orientteppich - Wertbestimmung und Alter
Guten Morgen nux,
der Teppich ist schon handgeknüpft. Meine etwas abwertende Titulierung als "Bodenbelag" bezieht sich auf das Verhältnis von Orginal (persisch) zu Nachahmung in minderer Qualität (indisch) aus der Sicht eines Teppichliebhabers.
Das heisst nicht automatisch, dass der Teppich nix tauge - er kommt halt nicht an Orginale ran.
Grüße,
Martin
der Teppich ist schon handgeknüpft. Meine etwas abwertende Titulierung als "Bodenbelag" bezieht sich auf das Verhältnis von Orginal (persisch) zu Nachahmung in minderer Qualität (indisch) aus der Sicht eines Teppichliebhabers.
Das heisst nicht automatisch, dass der Teppich nix tauge - er kommt halt nicht an Orginale ran.
Grüße,
Martin
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- nux Offline
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Bidjar Orientteppich - Wertbestimmung und Alter
ah, ok, danke. Auch wenn dadurch Leutz sicherlich 'in Lohn & Brot' waren und selbst die fiesen Gewinnspannen dabei: war & ist trotzdem eine mühevolle Handarbeit. Wie lange brauchte man für 1 qm? ... sind so kleine Hände? Denke halt, man sollte solche Sachen einfach als das betrachten, was sie sind, so wertschätzen wie - wie einen handgestrickten Pullover
- Geschmackssache, aber robust & benutzbar. Vergleiche mit 'den Originalen' hinken für mich daher auch irgendwie, so wie dann eben mit einer maßgeschneiderten Designerrobe
Die 'Wert'- Diskussion hatten gab es im Forum ja nun schon in so vielen Bereichen & Variationen - auf die monetäre Seite möchte ich hier auch gar nicht hinaus. Nur, so ein kleiner Stups neutraler (auch wenn ich dem Oldie seinen Teppich im Winter gönnen würde
) - gefiele mir manchmal besser 

Die 'Wert'- Diskussion hatten gab es im Forum ja nun schon in so vielen Bereichen & Variationen - auf die monetäre Seite möchte ich hier auch gar nicht hinaus. Nur, so ein kleiner Stups neutraler (auch wenn ich dem Oldie seinen Teppich im Winter gönnen würde

- nilpferd Offline
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Bidjar Orientteppich - Wertbestimmung und Alter
@nux: Vielen Dank für Deinen Anstoß zur Selbstreflexion.
Tatsächlich muss ich eingestehen, dass meine hier zum Besten gegebenen Einschätzungen sehr subjektiv aus persönlicher Erfahrung und individuellem Wertesystem geflochten sind.
Bisher hatte ich noch nicht darüber nachgedacht, dass ich damit evtl. Mitmenschen mit anderen Wertegerüsten vor den Kopf stoßen könnte.
Für künftige Posts werde ich das mal im Hinterkopf behalten, für indische Teppiche eher weniger. Dazu weiter unten mehr.
Zur Sache selbst:
Natürlich ist auch ein in Indien nach persischer Vorlage geknüpfter Teppich reine Handarbeit. Für das hier diskutierte Stück muss man mindesten 200 "Manntage" reine Knüpfzeit rechnen, wenn man erfahrene Knüpfer oder Knüpferinnen voraussetzt.
Bei allerbest vorausgesetztem Willen hatte dieser Teppich einen Einfuhrpreis von ca 1300 DM. Zieht man jetzt noch die Margen für Makler und Importeur ab, bleiben in der Manufaktur maximal 400DM übrig. Davon muss dann die Wolle gekauft und die Behörden bestochen werden. Wieviel bleibt dann bei den Knüpfern?
Zu robust und benutzbar: Beim Inder ja, wenn man keine Möbel draufstellt und nur barfuß oder in Hausschuhen drüberläuft.
Bei persischen Bidjar ist der Fettgehalt der Wolle wesentlich höher, die Kettfäden werden beim Knüpfen feucht gehalten, was die ohnehin meist feine Knüpfung noch fester werden lässt. Das Einzige, was ihm schaden kann, sind Pfennigabsätze. Aufgrund des benötigten Kraftaufwandes durch die feuchte Kette werden persische Bidjare überwiegend von Männern geknüpft.
Um nochmal zu verdeutlichen, warum ich eine tiefe Abneigung gegen indische Teppiche hege, lege ich allen Interessierten diese heitere plusminus Reportage aus 2018 zum gefälligen Konsum ans Herz: [Gäste sehen keine Links]
Da ist dann für mich Dein Vergleich mit einem liebevoll handgestrickten Pullover irgenwo im romantisch Verbrämten.
Natürlich sind auch im Iran und in der Türkei die Zustände allles Andere als von der Gewerkschaft Textil-Bekleidung zertifiziert, aber bei weitem nicht soo prekär und menschenverachtend wie in Indien und Pakistan.
Viele Grüße,
Martin
Tatsächlich muss ich eingestehen, dass meine hier zum Besten gegebenen Einschätzungen sehr subjektiv aus persönlicher Erfahrung und individuellem Wertesystem geflochten sind.
Bisher hatte ich noch nicht darüber nachgedacht, dass ich damit evtl. Mitmenschen mit anderen Wertegerüsten vor den Kopf stoßen könnte.
Für künftige Posts werde ich das mal im Hinterkopf behalten, für indische Teppiche eher weniger. Dazu weiter unten mehr.
Zur Sache selbst:
Natürlich ist auch ein in Indien nach persischer Vorlage geknüpfter Teppich reine Handarbeit. Für das hier diskutierte Stück muss man mindesten 200 "Manntage" reine Knüpfzeit rechnen, wenn man erfahrene Knüpfer oder Knüpferinnen voraussetzt.
Bei allerbest vorausgesetztem Willen hatte dieser Teppich einen Einfuhrpreis von ca 1300 DM. Zieht man jetzt noch die Margen für Makler und Importeur ab, bleiben in der Manufaktur maximal 400DM übrig. Davon muss dann die Wolle gekauft und die Behörden bestochen werden. Wieviel bleibt dann bei den Knüpfern?
Zu robust und benutzbar: Beim Inder ja, wenn man keine Möbel draufstellt und nur barfuß oder in Hausschuhen drüberläuft.
Bei persischen Bidjar ist der Fettgehalt der Wolle wesentlich höher, die Kettfäden werden beim Knüpfen feucht gehalten, was die ohnehin meist feine Knüpfung noch fester werden lässt. Das Einzige, was ihm schaden kann, sind Pfennigabsätze. Aufgrund des benötigten Kraftaufwandes durch die feuchte Kette werden persische Bidjare überwiegend von Männern geknüpft.
Um nochmal zu verdeutlichen, warum ich eine tiefe Abneigung gegen indische Teppiche hege, lege ich allen Interessierten diese heitere plusminus Reportage aus 2018 zum gefälligen Konsum ans Herz: [Gäste sehen keine Links]
Da ist dann für mich Dein Vergleich mit einem liebevoll handgestrickten Pullover irgenwo im romantisch Verbrämten.
Natürlich sind auch im Iran und in der Türkei die Zustände allles Andere als von der Gewerkschaft Textil-Bekleidung zertifiziert, aber bei weitem nicht soo prekär und menschenverachtend wie in Indien und Pakistan.
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