Hallo zusammen,
tja - ich wäre doch vorsichtig, das vorschnell als neuzeitliche Volkskunst abzutun, - zu einer Nischen-Devotionalie o.ä. wurde es vielleicht in Zweitverwendung. Ich sehe auf den neuen Fotos (danke!:-) der Rückseite ersteinmal keine Spuren einer Hobelmaschine, eher dürften das Schrupphobel-Spuren sein. (Interessant dazu ein Art-Déco-Johannes im Gotik-Look mit Maschinenspuren eben:
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Vielleicht könnten das z.B. @wib oder @reas noch beurteilen?
Tja, Mittelalter-Touch - und zwar schon erstmal ein recht früher...
Die Figur steht ja sehr schmal und sehr statisch da, tritt fast gar nicht aus dem Stamm hervor bzw. bleibt ganz in ihrer Achse/Säule, kein gotisches S oder sonstein Schwung oder Bewegung, die Falten bleiben eng am Körper und machen auch nix eigenes, wie ja sonst oft. Mich hat das an spätromanische/frühgotische Bauplastik erinnert, Gewändefiguren in Chartres oder Basel etwa:
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Aber das ist ein Holzweg, denke ich. Nicht nur, weil sowas wie Apostel als Nicht-Bauplastik in Holz m.W.n. in dieser frühen Zeit fast nicht oder sehr selten vorkommen (wenn das Ding bei Period Oak Antiques (s.link o.) echt ist, wäre das schon krass), sondern das halt optisch auch nicht so ganz hinhaut.
Für etwas neoromanisches aus dem späten 19. ist mir das zu wenig pathetisch eigentlich, auch die stark verwitterte Fassung steht dagegen. Es sei denn evtl. man hätte die Jahrzehnte draußen aufgehängt - aber würde man das tun, eine gefasste Skulptur?
Ich bin absolut dabei, dass das ursprünglich in einem sakralen Zusammenhang gestanden hat, ob ein Petrus oder anderer Apostel oder Evangelist, ein Johannes mit Feder und Buch etwa oder ein Matthäus. Und da wären wir -- mal spaßeshalber von Mittelalter ausgehend -- vermutlich bei spätmittelalterlichen Schnitzaltären, wo sich so eine Figur gut vorstellen lässt. Hier mal ein Beispiel aus dem 3. Viertel des 15. Jahrhunderts:
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Eine Erklärung für die 'frühe' anmutung hier könnte auch so eine eher ländliche Entstehung sein. Aber ich meine, dass da noch mehr trennendes ist zwischen der Figur hier und so noch später-gotischen, körperlicheren und bewegteren wie denen aus Dallmin. Das enganliegende Gewand mit den weichen Falten - auch wenn es keinen lieblich nach außen getulpten Rocksaum gibt, kann ich mir das ganz gut im Umkreis des weichen Stils in der ersten Hälte des 15. Jahrhunderts vorstellen, vielleicht auch etwas davor. Und da gibt es Beispiele, die m.E. vergleichbar dünn und relativ statisch rumstehen:
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[Gäste sehen keine Links] (der mit deutlicher S-Kurve allerdings)
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[Gäste sehen keine Links] (barock überformt u leider geringe Auflösung)
[Gäste sehen keine Links] (mit üppigerem Gewand)
und hier noch ein älterer aus der 1.H. des 14. mit wieder deutlich anderen, 'röhrigen' Falten
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Falls es denn wirklich Mittelalter ist ... Vielleicht wäre es gut, die Figur mal Fachmenschen in natura zu zeigen?
Freundliche Grüße - thal
(ah, @schmidtchen hat es auch geschrieben - d'accord. Die Rückseiten finde ich allerdings unterschiedlich, aber ... s.o
