gerümpel hat geschrieben: ↑Samstag 6. April 2019, 06:38
Du bist doch hier wahrscheinlich der beste Kenner der Materie.
Tja... wenn ich das nur nicht wäre

Meine Kenntnisse sind leider fast durchgehend theoretischer Natur. Sprich mit Hilfe von Bildern, lesen usw. entstanden. Das ist aber in diesem Fall bei weitem nicht genug
Anhand dieser nämlich habe ich schon eine jede Menge Vermutungen, nur kann jede davon genau so wahr oder komplett falsch sein wie die nächste... Daher hoffe ich ja immer noch auf den einen Experten der irgendetwas dazu sagen kann.
Ich denke jeder wird mir beipflichten, dass uns heute der Antiquitätenhype der 70-80er Jahre jede Menge Probleme bereitet.
Wenn damals an Stücken Veränderungen oder Fälschungen vorgenommen wurden, dann sind diese unter Umständen jetzt auch schon 40-50 Jahre alt und können wenn entweder z.B. altes Holz verwendet wurden oder einfach nur vernünftig gearbeitet wurde mit dem eigentlichen Stück eine Art gemeinsame Patina entwickeln.
Von dieser Uhr weiß ich nur, dass sie vom Vorbesitzer von einem Antiquitätenhändler im Jahr 2008 gekauft wurde. Dieser sei aber inzwischen verstorben.
Nun denn, wenn es um meine Varianten geht, dann hier mal aufgezählt:
1: Komplett 18tes Jahrhundert bis auf die Tür. Tür z.B. ersetzt wenn diese Uhr zur Hochzeit geschenkt werden sollte.
Ein Hinweis dafür würde auch die Tatsache sein, dass die Tür als einziges Teil der Uhr auch einen ca 1,2 mm furnierten Rand hat.
Dazu ein lackiertes Kastenschloss (mit secure lever Markierung) welches ich oft in großer Ausführung an Gründerzeittüren gesehen habe.

- Furnier tuer.jpg (154.26 KiB) 635 mal betrachtet
Außerdem geht die Tür nicht sehr gut zu. Während oben sie eng anliegt, bleibt unten ein größerer Spalt wenn nicht mit Schlüssel zugemacht wird (wobei das natürlich auch Holzverzug durch die Jahrhunderte sein kann. Allerding ist die Tür am Gehäuse auch mit modernen Schrauben an befestigt. Außerdem finde ich, dass der Stil der Schnitzereien doch sehr an 1880+ erinnert. Besonders das bereits vorher erwähnte Stilisierte T sieht den Buchstaben hier doch sehr ähnlich
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soweit ich weiß war diese Schriftart in der Welt damals sehr verbreitet. Ich habe sie in Büchern von England, Frankreich bis in die USA gesehen.
Ich jedenfalls hätte eine Tür in der Art erwartet:
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2: Zombi Uhr (mehr als eine Mariage) Das Gehäuse hat einige Veränderungen erfahren. So ist z.B. das Holz der Halterungen für das Uhrwerk scheint doch jünger als das Holz des eigentlichen Gehäuses und des Kopfes zu sein:

- neueres holz.jpg (389.86 KiB) 635 mal betrachtet
Allerdings auch nicht so jung, dass ich da an irgendetwas aus der zweiten Hälfte des 20en Jh. denken würde:
das ist die Aufnahme der Stirnseite desselben Holzes

- doch nicht so neu.jpg (153.51 KiB) 635 mal betrachtet
Die geschnitzte Holzplatte unten auf der Basis (die mit dem Riss) hat von hinten eine helle Holzplatte angefügt. Das kann natürlich sowohl als Verstärkung zwecks Stabilität dienen, wie auch um die dekorative Platte überhaupt erst anbringen zu können.

- Innere Platte + Wand.jpg (508.81 KiB) 635 mal betrachtet
Man sieht deutlich den Farbunterschied zwischen der Platte und der Seitenwand. Vielleicht ist es nur anderes Holz, welches anders auf die Zeit reagiert hat, andererseits liegt es ja unter dem Rahmen, der doch recht typisch alt verleimt zu sein schein.
Zusätzlich gibt es auf einer Seite Metallecken die die Konstruktion verstärken (insgesamt 4-5 davon) -seltsamerweise kann ich keine weiteren Fotos mehr hinzufügen :-.
Wann diese Änderungen oder Reparaturen durchgeführt wurden - darüber lässt sich natürlich nur mutmaßen.
Nun zum Uhrwerk. Da bin ich sowas von GAR kein Fachmann von. Ich sehe einige Nuancen die mich darauf schließen lassen, dass es noch keine komplett maschinellen Teile sind. So z.B. das hier: Die Eisenteile (sieht man in voller Auflösung am besten) sehen recht grob aus.
Mit recht rauer und ungleichmäßiger Oberfläche. Besonders gut an dem kleinen Eisenteil im zweiten Bild zu sehen.

- Eisenteile Uhrwerk.jpg (216.14 KiB) 635 mal betrachtet
Hier ein Link zu einem wohl nachweislich Georgianischem Uhrwerk (eines wo die Bilder am besten sind) … schwierig als Laie da einen Unterschied auszumachen. Ich sehe nur den Unterschied das der Pendefänger aus Eisen und nicht Messing ist. Habe aber auch welche mit Messing gesehen...
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3: die letzte Variante. Ein Mix aus alldem oben

z.B. eine exzessive Reparatur des Gehäuses mit ggf. Ergänzungen.
Das Uhrwerk muss meiner Meinung nach gar nicht am Kopf befestigt gewesen sein. Wenn es einfach nur mit seiner Unterplatte auf den Körper gestellt wird hält es genau so gut, nur eben nicht so eng an die Tür anliegend.
Die Schrauben der Frontplatte sind nicht nur später sondern auch nicht passend (die Tür geht nicht ganz zu).
Außerdem scheint die Tür mal andersherum gewesen zu sein. Sie geht ja unüblicher Weise von rechts nach links auf, doch sind in dem Rahmen oben wie unten alte Löcher die mich denken lassen ein Linkshänder hat sie vielleicht nur einmal umdrehen und andersrum anbringen lassen. Ich wollte sie abnehmen und schauen ob sich wieder zurück ändern ließe und ggf. die Löcher zu den vorhandenen Scharnieren passen würden., aber die Schrauben sind nicht abzukriegen
Was nun die Giebeln angeht. Diese Art von Uhrköpfen ist nicht häufig, aber auch nicht absolut rar. Hier ein paar Beispiele:
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