Ein alter Esslöffel aus Würzburg
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- Besteckfreund Offline
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Ein alter Esslöffel aus Würzburg
hier ein alter Würzburger Löffel aus dem Biedermeier.
Er dürfte vor 1828 fabriziert worden sein.
38 g, 22 cm lang.
Würzburger Stadtpunze: links Fränkischer Rechen, rechts W für Würzburg und Mitte Feingehaltziffer 13.
Schriftzug des Meisters Bollermann.
Vermutlich handelt es sich um den Würzburger Uhrmachermeister Caspar
Bollermann (1773-1839).
Er war der Schwager des bekannten Würzburger Gold- und Silberschmieds
Georg Stefan Dörffer.
Vielleicht könnte auch G.S.Dörffer der Hersteller gewesen sein?
Dann wäre Bollermann eine Händlerpunze.
Frage ist nur: ob das damals zunftgemäss war.
Folgendes habe ich zu Bollermann gefunden.
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Und noch weiteres aus dem Amtsblatt woraus hervorgeht, daß
er sein Geschäft 1828 aufgegeben hat.
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Schöne Grüsse von
Besteckfreund
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- Silberpunze Offline
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Re: Ein alter Esslöffel aus Würzburg
Lit: Wolfgang Scheffler, Goldschmiede an Main und Neckar, S.107, Nr.104, (ohne Angabe des MZ)
-------------
also der Mann war nicht sehr lang in Würzburg aktiv - der Zeitraum der Entstehung lässt sich also gut eingrenzen.
- Besteckfreund Offline
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da gab es also auch noch einen Silberarbeiter im Bollermann-Clan.
Wahrscheinlich die Schnauze voll gehabt von der burgeoisen Verwandtschaft.

Recht hatte er, daß er weggegangen ist 8)
Das macht die Datierung des Löffels noch einfacher.
Danke Silberpunze und "wenn`d wuist ", kannst das Foto verwenden für Deine Studien.
Schöne Grüsse
Besteckfreund
- Pikki Mee Offline
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eine laienhafte Frage dazu bitte: muss immer ein Meister drauf sein, oder würde die Stadtpunze als Herkunft ausreichend sein? Vielleicht hieß der neue Besitzer so? Weil:
Man kann zu einem Stück von Jean-Frédéric Baer (1721-1795) nämlich nachlesen, dass es 1796 von einem
Jean-Baptiste Bollermann (1776-1852/The Mainz Councillor and collector) erworben und 1835 an seinen Sohn Steurrat Caspar Edouard Bollermann (1809-1877) weitergegeben wurde. Dieser wiederum vererbte es seiner Tochter Amalie Bollermann (1857-1930)
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was ich noch gefunden habe:
Johann Baptiste Bollermann hatte 1832 das Gewerbs-Privileg auf sein Verfahren 'Tabakspfeifen-Beschläge aus Silber, Argentan und Messing zu verfertigen' bekommen. 1838 wurde dies um 6 Jahre verlängert; im selben Jahr schaltet er eine Anzeige zur Bekanntmachung seines neuen Dampf-Streckwerkes mit gusseisernen Walzen zur Herstellung feinster Silberbleche. 1840 aber bereits erfolge am 11. April die Mobiliar-Versteigerung (des gesamten Ladens)
(Quellennachweis gerne auf Anfrage, ist aber alles über Google Books mit 'Silber Bollermann' einfach zu finden)
Grüße * Pikki
- Besteckfreund Offline
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meines Wissens ist der Schriftzug oder die Initialen neben einer Stadtpunze IMMER eine Meisterpunze. Auf meinen Sachen ist das
jedenfalls so. Besitzerpunzen gibt es keine.
Eine Stadtpunze ist amtlich und wäre allein ausreichend als Qualitätsmerkmal für das Produkt nämlich generell für Silber 12 Lot.
Eine Stadtpunze ist immer eine sichere Herkunftspunze.
und der Hersteller immer ein Meister seines Faches, also Silber-oder Goldarbeiter.
Und das Produkt ist vor der Industrialisierung immer eine HANDarbeit
gewesen.
Für eine genauere Datierung braucht man aber den Meister,
weil sich Stadtpunzen über Jahrhunderte nicht geändert haben.
Fehlt hingegen die Stadtpunze - und die war glaube ich nur bis 1868 mit Beginn der industriellen Herstellung von Silberwaren Pflicht- und ist nur ein Name gepunzt so könnte das sowohl der Meister selbst als auch ein Verkäufer oder Juwelier sein, der seinen Eigennamen mit Lizenz vom Hersteller hat einschlagen lassen.
Um noch einmal auf den Würzburger Löffel zu verweisen:
Unter Bollermann fand ich lediglich eine Sippe aus Uhrmachern in Würzburg. Und ohne Vornamen war die Sache schwierig.
Daher dachte ich an CASPAR Bollermann , weil dieser am besten in die Zeitreihe zu Dörffer in die Biedermeierzeit passt und sich damit verbunden die Frage stellt, ob ein Uhrmachermeister auch selbst hergestellte Silberbestecke legal unter seinem Namen vertreiben DURFTE.
Soweit meine Gedanken.
Diese Frage ist noch nicht beantwortet.
Über den Silberarbeiter Johann Baptist B. habe ich nichts gefunden.
Und so habe ich in die falsche Richtung recherchiert.
Hätte er J-B-B gepunzt wäre vieles einfacher gewesen.
PS.
Ich habe einen Oldesloer Löffel vorgestellt, da ist kurioserweise die Meisterpunze neben der Stadtpunze "austremoliert". (Siehe unter Oldesloe
oder 2 Norddeutsche Löffel)
Eine Erklärung dafür habe ich nicht. Vielleicht wurden ihm die Bürgerrechte entzogen und er saß im Gefängnis.
Viele Grüsse
Besteckfreund
- Pikki Mee Offline
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vielen lieben Dank für die ausführliche Erklärung, ich muss/will noch SOOO viel lernen... werd mich mal weiter einlesen.
Ich sag Dir auch warum ich überhaupt auf die Idee kam: mal wieder die Schrift!
Eine solche runde lateinische Kursive Anfang d. 19. Jh. kam mir irgendwie nur sehr sehr merkwürdig vor, daher dachte ich an so was wie einen später hinzugefügten Eigentümerstempel gegen weggefunden werden (in der Art wie wir heut ein Fahrrad tätowieren lassen)
*Pikki*
- Silberpunze Offline
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Die erwähnte >> Anzeige zur Bekanntmachung seines neuen Dampf-Streckwerkes mit gusseisernen Walzen zur Herstellung feinster Silberbleche. <<
dürfte das Patent von Krupp gewesen sein. Dank seiner Löffel-walze konnten Löffel nun in Massen industriell hergestellt werden und so verschwand in diesem Bereich die alte Handwerkskunst und der Goldschmied wurde praktisch zum Verkäufer von Silberfabrikaten, die er von Silberwarenfabrikanten eingekauft hat. So findet man dann auch häufig 2 "Meisterzeichen" auf den Bestecken, das eine vom Hersteller, das andere vom Verkäufer.
Zur Frage nach den Besitzer-punzen - auch so etwas hat es gegeben. Meist waren es Inschriften, die punktiert oder eingraviert worden sind - aber manchmal wurden die Initialen auch gepunzt - sieht man öfter auf Teilen um Elberfeld.
Aus Göttingen sind mir Punzen bekannt, die für die Bäcker oder Kaufmannsgilde gefertigt worden sind.
Oft findet man aber auch, dass alte Punzierungen entfernt bzw. überstempelt worden sind - das deutet meiner Meinung nach darauf hin, dass Goldschmiede Ware angekauft und dann mit eigener Marke weiterverkauft haben.
Zur Stadtmarke: Welcher Feingehalt durch ein Beschauzeichen einer Stadt garantiert wird, ist sehr unterschiedlich. Manche Beschauzeichen haben die Lothzahl integriert - in anderen Fällen wird sie danaben gesetzt - in Berlin (hier gab es ab ca. 1820 einen zweiten Beschaumeister) war der Mindest-Standard tatsächlich 12 Loth, und wenn nach Oben davon abgewichen worden ist, so wurde dass dann mit einer 12-Loth-Marke mit angegeben. In einigen Städten in Schlesien hatte man für unterschiedliche Feingehalte unterschiedliche Beschauzeichen verwendet - beispielsweise in Glogau.
Ansonsten war es in sehr vielen Städten so, dass es kein offizielles Beschauzeichen gab und jeder Meister sein eigenes Beschauzeichen verwendet hatte - teilweise wurde dieses Beschauzeichen dann auch über Generationen weitergegeben - beispielsweise in Rudolstadt oder Arnstadt. In anderen Städten hingegen wechselte das Beschauzeichen alle paar Jahre - in Augsburg beispielsweise alle ca. 2-3 Jahre - später jedes Jahr.
Andere Städte führten jährlich wechselnde Jahresbuchstaben ein. Die Regelungen waren sehr vielfältig - das wurde teilweise vom Landesherren bestimmt - teilweise von den Zünften einer Stadt, sofern genug Meister für eine Zunft zusammen kamen. Statistisch war es so, dass eine Stadt ca. 1000-2000 Einwohner benötigte, um einen Goldschmied Arbeit zu geben - wenn man das Umland hinzu rechnet, kamen auf einen Goldschmied ca. 5000-10000 Einwohner.
- Besteckfreund Offline
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danke für die ausführliche Darstellung.
Hallo Pikki
den Begriff "weggefunden" werden finde ich lustig.
Natürlich Besitzergravuren waren verbreitet, so war es schwierig daß Fremde ein verlorenes oder entwendetes Besteckteil leicht veräußern konnten, welches damals einen erheblichen materiellen Wert darstellte.
z.B. habe ich neulich gelesen, daß ein halbes Dutzend silberne Kaffeelöffel
ca. 120 g schwer mit 800 Ag -Stempel um 1900 ca. 15 MARK gekostet haben und das waren nicht die teuersten.
Mein Urgrossvater, der damals Förster war brachte im Monat 200 Mark nach Hause und mußte 6 Personen davon ernähren.
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