Das Problem bei den russischen Antiquitäten ist der Zusammenfall der UdSSR. Für etwa 10 Jahre gab es ein totales Chaos auf allen Ebenen. Der Rubelpreis kollabierte ins Bodenlose, Zustände denen der Weimarer Republik sehr ähnlich, Arbeit brachte kaum was ein.
Und es strömten auf einmal sehr viel mehr Ausländer ins Land rein, deren Devisen nicht mehr wie früher verboten waren.
Zunächst konnte man tatsächlich teilweise Raritäten ersten Ranges für ein paar Mark kaufen. Aber so viele gab es davon gar nicht.
Kurz darauf sammelte sich eine ganz schöne Meute an Handwerkern, die auf Märkten und in speziell für Touristen aus dem Boden schießenden Läden für Antiquitäten auf einmal Unmenge an Zeug verkauften.
Gleichzeitig gab es gewiefte Exporteure die es in Massen aufkauften und über die Grenze schufen.
Ich war in der Zeit in St. Peterburg und ihr könnt euch nicht vorstellen wie viele Rubel von Peter I und vielleicht noch bemerkenswerter, Peter II und selbst Ivan VI auf einmal alles auf den touristischen Flohmärten die um alle größeren Sehenswürdigkeiten entstanden zu finden waren. Die Numismaten unter uns wissen, dass das allesamt Raritäten sind, gerade die letztere Münze. Ich sammle nun Münzen seit meinem 16en Lebensjahr und kann euch sagen, die Qualität was so, dass man zumindest den einen oder anderen Touristen sicher übers Ohr hauen konnte. Und der Preis war hoch genug, dass es nicht offensichtlich nach „Fälschung“ schrie, aber auch nicht so hoch, dass sich einem Hobbysammler es nicht im Portemonnaie zu kratzen anfing.
Mit der Zeit entwickelte sich der Antiquitätenmarkt noch schlimmer. Die Märkte wurden größer, vergleichbar zu unseren Antikmärten, so z.B. die berüchtigte Yunona. Übertrieben gesagt; Wenn man da eine Silberschatulle finden wollte in der der letzte Zar sein Schnupftabak aufbewahrt hat – alles kein Problem. Man konnte an einem Tag das Stück kaufen, und am nächsten direkt das Zweite, falls das erste Mal verloren geht

In der Zeit wurde gefälscht was gefälscht werden konnte. Stempel waren dabei für die russischen Handwerker, die zum Teil von einem Tag auf den anderen zwar immer noch einen Job hatten, aber kein Gehalt mehr bekamen ein Klacks. Wer ein wenig mit dem Thema sich auskennt, wird wissen, dass für einen halbwegs ordentlichen Profi so ein Stempelsatz in wenigen Stunden erstellt ist.
Später wurden nicht nur Ausländer Ziele der Fälscher.
Etwa ab der zweiten Hälfte der 90er Jahre bis etwa Mitte 2000er wurde in Russland alles was mit der Zarenzeit und der eigenen Geschichte zu tun hat auf einmal sehr en-vogue. Jeder der was auf sich hielt wollte solche Stücke besitzen. Gleichzeitig kannten sich aber die wenigsten mit den Antiquitäten aus. Schließlich wurde der Handel damit in der UdSSR kaum getrieben. Es entstanden Massen von Fälschungen von unterschiedlicher, meist minderwertiger Qualität.
Diese Stücke tauchen jetzt immer öfter auf russischen Online-Plattformen auf, daher ist es gefährlich auf diesem Weg nach irgendwelchen Referenzstücken für den Echtheitsvergleich zu suchen.
Parallel gab es auch noch dazu die hochwertigen Fälscher. Diese wurden oft vom organisierten Verbrechen dafür rekrutiert aus echten Metallen Kopien antiker Stücke zu erstellen und dann über spezielle Kanäle an den Mann zu bringen. Anders als man denken könnte ging es dabei nicht nur um Stücke von der Tragweite eines Faberge-Eis , sondern fing in etwa ab den zaristischen Gold und Silberorden an. Ich denke wenn man z.B. all die Orden der Heiligen Anna sammelt die man als Originale da vertickt hat, könnte man damit eine ganze Armee auszeichnen. :upside_down_face:
Daher wäre mein erster Test – ist es überhaupt Silber, statt des in der UdSSR sehr beliebten Neusilbers bzw. Melchior oder sonst irgendeiner silberfarbigen Legierung. Wenn es echtes Silber ist, dann schon mal eine große Hürde geschafft.
Übrigens ruhig ein wenig Metall dafür aus der groben unteren Lötstelle rauskratzen. Dort wo es so rötlich matt aussieht.
Du schreibst du hast das Stück 2019 gekauft. Das ist jetzt bald zwei Jahre her. Hast du das Teil in der Zwischenzeit irgendwie geputzt bzw. mit Oxidationsschutz überzogen, oder ist es vielleicht seit dem Kauf mit irgendeinem Schutz eingerieben? Wenn nämlich nicht, dann hätte das Teil in den zwei Jahren sehr viel dunkler werden müssen.
Dann schaue mal die Abnutzung des Griffes an. Silber nutzt sich bei regulärer aber häufiger Benutzung (und früher auch oft – durch regelmäßiges Putzen) doch recht schnell ab. Bei einem solchen Stück müsste der Griff oben, wo der Finger entweder einhackt oder mit beiden Fingern gehalten wird anders abgenutzt sein als unten. Hier sieht die Abnutzung etwas seltsam aus. Es gibt mancherorts oben noch recht scharfe Kanten, dagegen ist das ganz untere Stück des Henkels richtig fein abgerundet an allem was früher mal eine Kante war.
Generell mein Tipp bevor man russisches Silber kauft, schaut euch wo das Stück her kommt. Wenn das jemand Verkauft der es aus Russland nach den 90er Jahren hat – große Vorsicht angesagt. Stammt das Stück von jemandem der es z.B. von seinem Urgroßvater vererbt hat der zumindest nach 1991 nie in Russland war, dann höchstwahrscheinlich echt.