Teppiche mit Zertifikat verkaufen

[cakejk]

Servus, liebe Forengemeinschaft!

Wir sind durch eine Haushaltsauflösung in den Besitz mehrerer Orientteppiche gekommen. Einige haben auch ein Zertifikat mit Herkunftsland, beschreibung der Optik und einer Schätzung des Wiederbeschaffungswertes.
Handgeknüpft, gut erhalten und zum Teil um die 70 Jahre alt.
Nun wollten wir diese Teppiche verkaufen und holen und daher verschiedene Angebote von Teppichhäusern ein.
Heute hatte ich ein Telefonat mit einem freundlichen Herren, welcher meinte, dass die damals (ca 1990) geschätzten Preise heute keinesfalls mehr zu erzielen wären, und hat mir einen Bruchteil davon geboten. Nach etwas Recherche kam ich mir dann ein wenig übers Ohr gehauen vor. Vielleicht liege ich ja komplett falsch, aber originale, semi-antike Teppiche, vor allem in gutem Zustand, hellen Farben und in Größen von z.T. mehr als 3x4m können ggf. noch recht hohe Preise erzielen, oder?

Vielleicht kann mir ja jemand die ein oder andere Info zu meinem Anliegen geben, ohne die genannten Stücke gesehen zu haben.
Ich wäre auch sehr dankbar über seriöse Anlaufstellen oder ähnliches.

Gerne könnt ihr auch eure eigenen Erfahrungen teilen.

Beste Grüße

[nilpferd]

Hallo cakejk,

mit Zertifikaten und sich darauf befindlichen Wertangaben ist das so eine Sache. Wenn das Zertifikat nachweislich von einem unabhängigen Sachverständigen stammt, dann ist alles fein und es ist auch in der Regel "gerichtsbelastbar".

Die pauschale Aussage, dass vor 30 Jahren geschätzte Preise heute nicht mehr zu erzielen seien, kann für Gebrauchsteppiche durchaus gelten, bei hochwertigen Stücken muss man im Einzelfall aber genauer hinsehen. Seinerzeit wurde bei uns Anfang der 90er ein kleiner Keshan von 1915 aus der Sammlung des Persichen Königshauses für 40000.- DM verkauft. Dieser hat bei Wiederveräußerung 2017 in einer Auktion 90000,-€ erzielt.

Bei Zertifikaten, die vom verkaufenden Teppichhändler selbst ausgestellt werden, sieht die Sache anders aus. Der ist nur seinem Gott und Geldbeutel verpflichtet und schreibt gerne hohe Zahlen in ein Zertifikat, mit dem sich der Kunde dann den Allerwertesten...
Eine Hausratversicherung akzeptiert solche "Zertifikate" in der Regel nicht und versichert nur eine durch Kaufbeleg nachgewiesene Summe. In den 80er und 90er Jahren war es im Teppichhandel üblich, bei einem für 5k verkauften Teppich ein Zertifikat über 15k auszustellen. Hab ich selber auch gemacht^^
Das war die Zeit, in der im Winter Eisdielen zu Teppichläden wurden und skrupellose Abzocker mit 60% 70% 80% RÄUMUNGSVERKAUF, INSOLVENZAUFLÖSUNG etc. einen irren Reibach machten.
In manchen Bereichen funktioniert das ja auch noch heute...

Zur Wertermittlung solltest Du Dich nicht an den Teppichhandel wenden (das ist diese Bock - Gärtner - Geschichte), sondern entweder einen unabhängigen Sachverständigen zur Bewertung anheuern, oder - was ich empfehlen würde - Dich mit aussagekräftigen Fotos an ein mittelprächtiges Auktionshaus zwecks Einlieferungsmöglichkeit zu wenden.
Für beide Optionen lassen sich seriöse Anlaufstellen ergoogeln, zur Not könnte ich Dir da auch per PN auf die Sprünge helfen.

Grüße,
Martin

[cakejk]

Servus, Martin.

Vielen Dank schonmal für deine Antwort. Das bestätigt meine Annahme, mich etwas mehr mit dem Thema befassen zu müssen, um nicht über den Tisch gezogen zu werden.
Das Zertifikat scheint mir recht seriös. Ist von einem "Mitglied des Bundesverbandes der Sachverständigen für orientalische Teppiche" und wurde anscheinend im Haus des Vorbesitzers begutachtet.
Wenn es dir keine Umstände macht, wäre ich über eine PN mit ein paar Tipps, wie ich weiter vorgehen kann, ungemein dankbar!!

Beste Grüße

[allina20032]

Guten Tag,

Ich bin kein Spezialist wie Martin, hab aber auch Perserteppiche, die ich - früher mit meinem Vater, jetzt alleine - immer wieder kaufe bzw. gekauft habe.
Ich traue mir zu einen Guten von einem weniger Guten unterscheiden zu können.

Es wird gegenwärtig viel angeboten. Die Leute lösen ihre Haushalte auf und die Stücke kommen auf den Markt.
Zum Teil werden sie von Wohnungsauflösern vorher "abgegriffen" und angeboten. Da man Ahnungslosen - die es auch heute noch in großer Vielzahl gibt - früher den größten Schund und Palastteppiche zu horrenden Preisen verkauft hatte kommen diese Stücke jetzt wieder durch die Erben auf dem Markt.

Bilder sind trügerisch.
Teppiche kauft man am sichersten persönlich.

Das mit den niedrigen Preisen und hohen Gutachten ist mir auch bekannt. Ich hab zwei Teppiche aus einer Sammlung gekauft, darunter einen Keshan.
10 % vom Schätzwert und der Verkäufer war zufrieden, weil die Händler boten nur Peanuts.

Der Kauf übers WEB und nur auf Bilder ist gefährlich, weil Bilder lügen können. Daher kosten Gute und Schlechte Teppiche idR den gleichen Preis.
Das freut manchen Anbieter und ärgert diejenigen die gute Ware haben.
Meinen Sarough hab ich für € 200 gekauft und den Keshan für € 220. Das sind allerdings keine Antiken Stücke, sondern Stücke zum Auslegen

Ich hör immer wieder in meinen Freundes - und Bekanntenkreis Perserteppiche sind Oldschool.
Auch für gute und seltene Stücke braucht man Käufer.

Sogenannte Palastteppiche mit 12 qm sind leider Bleiware, denn wer hat denn Räume wo man sowas auslegen kann. Ich persönlich bevorzuge Brückenformate, denn die kann ich ggf. auch ins Altersheim mitnehmen. Läufer geht auch noch, aber die kleineren Formate sind eher gesucht.

Das sollte man als Verkäufer nie vergessen.

Es grüßt
Ali