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Lyratisch 2. H. 19. Jh.

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  • gerümpel Offline
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Lyratisch 2. H. 19. Jh.

Beitrag von gerümpel »

Dieses Tischchen ist mit vor einiger Zeit für 30 € in die Hände gefallen. Es war in beklagenswertem Zustand. Die Holzart ist Buche massiv. Die Platte war oben geschraubt, ebenso war die Schublade an die Zarge geschraubt, um ein wenig Halt zu geben. Die Traille unten war an einer Seite locker, so daß der Tisch keine Stabiltät mehr besaß. Die Oberfläche war oben und an den Seiten ganz abgescheuert, nur noch an versteckten Stellen war die Mahagoniebeize und Reste einer Schellackpolitur erkennbar. Leider hab ich kein Foto vom Fundzustand gemacht. Das erste erst beim Leimen. Ich hab erstmal alle Nägel und Schrauben entfernt und das Teil komplett zerlegt. Dann ganz schnell mit heißer Lauge alles abgewaschen, gesäuert, gewässert und getrocknet.
Nach dem Leimen ist es wieder stabil wie am ersten Tag. Eine schöne handwerkliche Arbeit in reiner Biedermeiermanier. Auch die Gestaltung der Lyraförmigen Wangen ist noch nicht so richtig historistisch. Passend dazu der gedrechselte Schlossbeschlag aus Holz und die stark profilierte Querstrebe.
Zeitlich würde ich das Ding um 1850 oder kurz danach ansetzen, was meint ihr?
An diesem Tisch müssen Generationen von Frauen gesessen haben und ihre Füße auf der Strebe abgestellt haben, da sie zur Hälfte abgetreten ist. Unglaublich.
Nach dem Leimen habe ich die Risse, Fugen und Löcher mit kleinen Buchenholzstückchen ausgeflickt. Wurmlöcher habe ich mit Leimkitt (Schleifstaub mit Knochenleim) ausgefüllt.
Dann geschliffen bis 240. Einmal dünn mit Kaliumpermanganat abgerieben und nochmal 240er Korn geschliffen. Als Beize habe ich mal Walnussblätter (mit Holzasche ausgekocht), verwendet. Das ging super. Dann verdünnter Schellack als Grundierung, nochmal fein geschliffen und dann etwa fünfmal mit selbst angesetztem Schellack mit dem Ballen aufgetragen.
Zum Schluss eine Politur, aus Bienenwachs (vom Imker) und Terpentinöl.
Fertig. Ursprünglich hatte ich vor, eine Hochglanzpolitur zu versuchen, aber erstens hatte ich kein Bimsmehl zum Poren füllen und zweitens keine Lust. So gefällt mir das Teil auch ganz gut.

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Gruß Gerümpel

"The ball I threw, while playing in the park, has not yet reached the ground." (Dylan Thomas)
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Lyratisch 2. H. 19. Jh.

Beitrag von Gast »

Das ist aber eine wohnliche Werkstatt auf dem ersten Bild :)

Zeitlich würde ich so um 1850 herum annehmen - das ist recht schwierig eine genaue Angabe zu machen da in ländlichen Regionen bewährte Entwürfe oft noch sehr lange angefertigt worden sind.
Damals gab es ja nicht soviele und leicht erreichbare Informationen über neue Stilentwicklungen bei den Möbeln.

Schaut gut aus nach der Überarbeitung :)
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Lyratisch 2. H. 19. Jh.

Beitrag von Idealist47 »

Schöne Pfingsten vorweg...
Glückwunsch zu deiner Arbeit und deinem Objekt. Sehr angenehm deinen Bericht zu lesen. Dazu habe ich zwei Fragen:
Warum mit heißer Lauge gewaschen?
Kaliumpermanganat als feines Schleifmittel, warum?
Kaliump. verwende ich nur um gelöst in heißem Wasser z.b. Rückwände ihr künstliches Alter zu geben.

freue mich auf weiteres

besten Gruß
Restaurator im Handwerk ``Holzobjekte`` / Flechtwerkgestalter
  • gerümpel Offline
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Lyratisch 2. H. 19. Jh.

Beitrag von gerümpel »

Das Tischchen war ziemlich verkeimt und hatte verschiedene Farbreste und Klecker über dem Schellack. Ich bin vom Grundsatz her faul. Mit möglichst heißer Lauge (NaOH) geht der ganze Schnodder sehr leicht ab. Auch dringt es kaum ins Holz ein, wenn man schnell arbeitet. Das Holz war mir danach ein bischen zu neu, deshalb KMnO4 in Wasser mit einem Lappen nass in nass drüber, das gibt einen angenehmen Ton vor dem Beizen. Die Walnussbeize aus Blättern (ich hatte keine Schalenbeize mehr) ist nicht so intensiv.
Ist schon ein Weilchen her mit dem Ding, ich habs bloß gezeigt, weil reas so ein entfernt ähnliches vorgestellt hat.
Gruß Gerümpel

"The ball I threw, while playing in the park, has not yet reached the ground." (Dylan Thomas)
  • reas Offline
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Lyratisch 2. H. 19. Jh.

Beitrag von reas »

gerümpel hat geschrieben: Ich bin vom Grundsatz her faul.
:lol: endlich gibt es auch jemand zu :lol:
nein im Ernst was Du da alles an Überarbeitung gemacht hast, komme ich gar nicht mit, kenne nur Spiritus und Schleifvlies :roll: :lol:
Sieht sehr gut aus vor allem gefällt mir das es keine Hochglanzpolitur bekommen hat 8)
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Lyratisch 2. H. 19. Jh.

Beitrag von Idealist47 »

Hallo Gerümpel
Danke dir für deinen Bericht.
Sicher entfernst du damit Teer-und Farbanhaftungen, sowie Fette und Öle. NaOH muss unbedingt neutralisiert werden. Viele versuchen
es mit Essig oder Zitronensäure verdünnt in Wasser. Dabei sollte man es auf den bestimmten Ph-Wert neutralisueren.
Aber gelingt dieses immer? Ich bin davon kein Fan, kenne viele gelaugte Möbel, die später ausgeblüht sind.
Die Alterung mit der Nußschalenextraktion hat bei dir funktioniert. Verstehe aber nicht ganz deine nachträgliche Färbung. Also die
eigentliche Beize ist kein Färbemittel, sondern eine Fixierung der Farbteilchen. Sicher wirst du dieses wissen.
Um eine haltbare Farbbeizung zu erreichen, muss jeglicher Schellack (in diesem Fall ) entfernt werden.
Verstehe mich nicht falsch, dein Ergebnis kann sich sehen lassen. Mir wäre die Laugvariante zu riskant.

Möchte euch mal ein Rezept aus der studierten Fachwelt bzgl. solcher Verschmutzungen angeben:

Lehmann- Mischung :
150ml Ethanol
Ammoniak in Wasser ( Salmiak ) 10%ig in 150ml Wasser ( Wasser entminialisiert )
195ml Wasser entminialisiert
5ml Spüli Ph-neutral

alles miteinander verühren, gute Belüftung in der Werkstatt, Mundschutz wäre gut, auch Handschuhe

Die Mischung kann stärker oder schwächer durch Salmiakkonzentration nach Bedarf angesetzt werden.
Nun die Mischung auftragen und mit saugfähigen Küchenpapier mehrere Schichten belegen und eine Folie darüber.
Als Abschluss kann man Steine als Druckmittel, oder Bretter auflegen ( wenn Möglich zwingen )
Das Ergebnis heißt `` Kompresse ``
Alle zu entfernenden Teilchen werden im Küchenpapier eingesaugt. Spüli verseift die Teilchen.
Ich habe damit schon viele Abnahmen gemacht. Beispiel: Nadelholz mit dunkelrötlicher Lasur ( Bierfarbe ), darunter befanden sich
mit Tinte alte Druckbuchstaben ( Schrank von einem Optiker ) . Nur so wurden die Schriften nicht beschädigt.

Aber wie immer, erst Versuche machen und dem Objekt anpassen.

Das zweite Rezept für Reinigung von Schellackoberflächen ohne Beschädigungen:
Isoctan nennt sich die Chemiekalie, sie nimmt Fett und Wachsanteile ab, nicht aber Schellack.

Könnte man auch auf Oberflächen probieren, die entwachst werden sollen.

besten Gruß an euch
Martin
Restaurator im Handwerk ``Holzobjekte`` / Flechtwerkgestalter
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Lyratisch 2. H. 19. Jh.

Beitrag von gerümpel »

Da hast du vollkommen Recht, lieber idealist, säuern ist wichtig nach dem Laugen (und anschließend das Salz abwaschen) und beizen geht natürlich nur auf rohem Holz ;-) Beim schonenden Laugen ist die Schnelligkeit und etwas Geschick entscheidend. Dann kann man mit geringem Aufwand sehr gute Ergebnisse erzielen. Meine bescheidene Meinung. Viele Restauratoren rümpfen darüber die Nase, das halte ich für Quatsch. (Hochwertigere Sachen muss man natürlich vorsichtiger behandeln.) Salmiakgeist mit Spiritus und Seife ist auch super, verwende ich auch, wenn es schonender sein soll.
Gruß Gerümpel

"The ball I threw, while playing in the park, has not yet reached the ground." (Dylan Thomas)
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Lyratisch 2. H. 19. Jh.

Beitrag von Idealist47 »

Na dann gerümpel ``willkommen im Club ``
von einander lernen braucht keine Rechnung :) :) :!:

eine schöne Woche und Gruß an euch
Martin
Restaurator im Handwerk ``Holzobjekte`` / Flechtwerkgestalter
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