nux hat geschrieben: ↑Mittwoch 23. Juni 2021, 21:31
mir komme' mit dem Dingen hier keinen mm weiter
Doch! Es war nämlich so:
Ein ganz böser Mann, ein Geizhals sein Leben lang, dachte darüber nach, was wohl mit all seinem Reichtum werden soll, wenn er ins Gras beißt. Unter allen Umständen wollte er vermeiden, dass irgend jemand all das Angehäufte erbt, und es war ein beachtliches Vermögen! Was aber tun? Mit in die Kiste? Den letzten Wunsch würde ihm sicher niemand erfüllen. Also brauchte er eine Lösung, die aber nur er allein kannte. Auf einem einsamen Spaziergang kam er an einer Töpferei vorbei. Dort wurde gerade die Ausschussware aussortiert. Seine Habgier und sein Geiz trieben ihn dazu, sich eines dieser Teile mitzunehmen - natürlich kostenlos, möglicherweise ein Versuchsstück eines Lehrlings, also auch ohne Herstellerkennung.
Zu Hause angekommen betrachtete er lange diese Vase und sinnierte darüber, dass selbst dieses Stück niemand erben sollte. Die Idee war geboren, es sollte seine Friedhofsvase werden. Nun ließ sich seine Phantasie nicht mehr bremsen. Seinen Besitz wollte er verkaufen und alles in Gold eintauschen, was er dann in die Vase legen wollte. Dass das kein guter Gedanke war, wurde ihm schnell klar. In die Vase? Nein, auf der Vase musste das Gold angebracht werden!, dann alles mit fester dunkelbrauner Farbe überstreichen, also friedhofsgerecht.
Der Mann (Frau macht so was nicht!) wurde alt und älter, er kränkelte schon. Haus und Hof hatte er inzwischen verkauft und einen ordentlichen Batzen Gold dafür erhalten. Alle Vorrichtungen zur Verflüssigung des Goldes hatte er sich besorgt und machte sich ans Werk. Die Vollendung dieses Vorhabens weckten in ihm immer wieder die Lebensgeister. Als schließlich diese inzwischen recht schwere dunkelbraun bemalte Vase vor ihm auf dem Tisch seiner nun ärmlichen Behausung stand, lachte er hämisch. Er besorgte noch Kunstblumen und verfügte als letzten Willen, auf sein Armengrab nur diese Vase mit den Kunstblumen zu stellen. So konnte er alles mitnehmen und niemand erbt.
Er starb völlig verarmt mit einem Lächeln. Die Leute deuteten seinen Gesichtsausdruck so, dass er sicher doch kein schlechter Mann gewesen sei, wie man immer glaubte.
Irgendwann kam diese Vase wieder unter die Menschen und fristet bis heute ein unbeachtetes Dasein, weil niemand ihren wahren Wert erkannte.
ENDE
Nun wünsche ich Dir eine gute Nacht
Soleil
Um klar zu sehen, genügt oft ein Wechsel der Blickrichtung.
(Antoine de Saint-Exupéry)