Guten Morgen Spieglein,
nun, nachdem ich die Rückseite des Möbels betrachten konnte, schleichen sich bei mir leichte Zweifel, bezüglich der Authentizität ein.
Als erstes fielen mir die verlaufenen "Lackspuren! auf, die zudem relativ frisch aussehen. Hinzu kamen die glänzenden, zumindest aber Schlitzschrauben, die verarbeitet worden sind. Nach intensiver Betrachtung war auch nicht zu übersehen, dass die durchbrochenen Füllelemente sehr unsauber eingelassen, sowie die äußeren Konturen des gesamten Randes der Spiegelkonstruktion(wohl tropisches Holz, evtl. Mahagoni) mit einer Bandsäge ausgeschnitten wurden, ohne nachbearbeitet, geschliffen zu werden. Alles Merkmale, die es so, bei einer Produktion um 1900 m. W. nicht gegeben hätte.
Das Objekt als Ganzes ist mir letztendlich auch zu gut erhalten, nicht ein Kratzer in der Oberfläche, die Spiegel nicht ansatzweise "blind", die "Vergoldung" der Säulen, die übrigens eine untypische Form aufweisen, vollständig erhalten. Alles glänzt wie neu, zu gut, keinerlei Patina. Selbst die komplette Größe ist ungewöhnlich.
Das einzig Positive ist jedoch, so meine ich es zu erkennen, die handwerklich gute Schnitzarbeit, sofern nicht alles mit der Oberfräse ausgearbeitet worden ist.
In den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts, zur Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs, kamen neue gradlinige, praktische Möbel auf den Markt. Als man diese sah, wollte man sie auch besitzen, Aufgrund dessen, flogen viele Jugendstil-Möbel in Massen, im wahrsten Sinne des Wortes, aus den Fenstern. Das neue, moderne Bürgertum, erstrebte das progressive, zweckgemäße und pflegeleichte Wohlbehagen in einer schnörkellosen Wohnkultur. Kurz: der alte "Staubfänger-Plunder" musste weg!
Erst gegen Ende der siebziger Jahre begann die "Renaissance" und man besann sich wieder auf das gute, bewährte Alte, ebenso auf Möbel, Schmuck und Zierobjekte des Jugendstils. In den 90ern und auch Heute, sind gerade Jugendstil- und Art Deco- Kunstobjekte sehr gefragt, dementsprechend populär und "kostbar".
Fazit des ganzen Aufsatzes: m. E. handelt es ich bei Deinem "Garderoben-Spiegel" um eine Neufertigung in recht guter qualitativer Ausführung, aus dem asiatischen Raum, hergestellt im letzten Drittel des 20sten Jahrhunderts. Natürlich unter Vorbehalt, aber ich bin fest davon überzeugt.
Was hast Du denn dafür gegeben?
Mit der Hoffnung, Dich nicht allzu sehr enttäuscht zu haben,
sende ich Dir freundliche Grüße aus dem langweiligen Oberschwaben, (kleiner Schüttelreim

)
Zwiebel