Hallo & willkommen
jobu1301 hat geschrieben: ↑Dienstag 23. Juni 2020, 16:22
1. Kann man bei diesen Löffeln wegen der floralen Gravuren und der Flensburger Herkunft von Friesenlöffeln sprechen?
liegt Flensburg in (Nord-, Ost-, West-) Friesland? klare Antwort: nein. Das kann also nicht der Hintergrund sein.
Man muss hier deutlich zwischen mehreren Sachen unterscheiden. Der mittlerweile übliche, allgemeine Sprachgebrauch für verschiedene Dinge unter einem Oberbegriff tw. noch etwas verwässert kann auch irreführend sein. Aber R&B und andere Hersteller haben mit ihren Bezeichnungen u./o. Macharten auch dazu beigetragen
jobu1301 hat geschrieben: ↑Dienstag 23. Juni 2020, 20:24
Ja, Friesenmuster ist der richtige Begriff.
wenn R&B die nicht mal so genannt hat - denke eher nicht. Daher zuerst das: ein (Ost-)Friesen-Muster bezeichnet ein bestimmtes eingraviertes Dekor und inzwischen mehr oder weniger auch (nur noch) eine Modellform
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Ich zeig Dir mal was
zu Löffel 1
Stade 1930
[Gäste sehen keine Links] - Stade ist auch nicht in Ostfriesland
auch wenn der Glasstein da nicht rot ist: Løgumkloster, 1. Hälfte 19. Jh.
[Gäste sehen keine Links] - Lügumkloster ist zwar Westküste, aber nicht Nordfriesland.
Sønderjysk Louis XVI ske af sølv med flusser, Tønder 1814
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ohne Stein, des Zierelementes oben wegen; Tønder, ca. 1798
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Apenrade 1818
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was fällt Dir also an der Gestaltung, dem Durchbruch oben auf?
zu Löffel 2
Norddeutschland, Schleswig, ca. 1840 -
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Schleswig 19. Jh.
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Süderjütland & Schleswig
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Meldorf, Westküste
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allgemein noch welche
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d.h. das ist schon eine vorwiegend regionale Angelegenheit, wo es gilt, die historisch-geographischen Gegebenheiten (Dänemark/Deutschland) mit zu berücksichtigen - am besten auf der Karte da zu sehen/erkennen am "Herzogtum Schleswig"
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Und genau in dieser Tradition hat eben auch R&B dann Sachen dieser Art gemacht und der Markt war zu Beginn die Region, von Ost nach West und drumherum. Aus deren Anfangszeit daher das noch zum Gucken -
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jobu1301 hat geschrieben: ↑Dienstag 23. Juni 2020, 16:22
2. Ist das Jugendstil?
nein - wie Du gesehen hast, sind die Vorbilder durchaus älter
jobu1301 hat geschrieben: ↑Dienstag 23. Juni 2020, 16:22
3. Was sind das für Steine? Ist das Glas?
Glas ja; was für welches genau ist in dem Fall nicht zu sagen. Da es schon klar ist & Facetten aufweist, wohl geschliffen. Früher wurde sog. Glasfluss verwendet; auch Glaspaste genannt - verwandt dem pâte de verre, als Tropfen eben zu solchen Cabochons geformt. Ich zeig Dir noch was dazu, neben Schmuck eine weitere 'Spezialität' damit, für den 'guten Geruch' - die aber eher Dänisch
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Auch die silbernen Schließen von Gesangbüchern findet man damit geschmückt
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jobu1301 hat geschrieben: ↑Dienstag 23. Juni 2020, 16:22
4. Die Löffel wurden als Hochzeitslöffel angepriesen. Der auffällig verzierte Löffel 1 mit dem breiten Griffende als Brautlöffel und der einfachere Löffel 2 mit spitzen Griff als Bräutigamslöffel. Macht das Sinn?
. m.E. nein; jedenfalls nicht in der (gewagten) Interpretation. Was Leutz sich nicht alles so einfallen lassen oder auch andere dann glauben.
Wirst Du möglicherweise auch schon nach Betrachtung zu 1. selbst drauf gekommen sein. Meist gab es Löffel früher als Paten-/Taufgeschenk, bisschen was zum Lesen dazu
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Klar, Silber gab's auch zu Verlobungen, Hochzeiten oder auch deren silbernen Jubiläen; manchmal auch runden Geburtstagen - gelegentlich wurden sicher auch ältere Stücke dann weiter gegeben. Im Lauf der Zeiten haben sich da sicher auch Gewohnheiten verändert.
jobu1301 hat geschrieben: ↑Dienstag 23. Juni 2020, 16:22
5. Alter?
6. Wurden die Löffel in Serie produziert? Modell?
7. Den Zustand halte ich für sehr gut. Sie sind auch nicht personalisiert. Wie schätzt ihr den Preis realistisch ein? Sammlerstücke?
- nur innerhalb des Zeitraums des MZ anzunehmen
- Löffel 2 ja; Löffel 1 vermutlich auch, kommt aber seltener vor, könnte ev. früher sein. Modell? - k.A. - Hersteller fragen.
- einschätzen tu ich jedenfalls grundsätzlich mal nix; realistisch sind erzielte Verkaufserlöse. Du weißt doch, was Du bezahlt hast?
ansonsten so gucken - da sinnse wieder, die 'Friesen'
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Zu guter Letzt - zurück zu dem 'richtigen' Ostfriesenmuster. Man schaue nach 'mit Stein' und sieht das
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man nehme R&B weg und was bleibt? (denk Dir die oberen Anzeigen weg) - nicht so sehr viel, oder?
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ein einzelner davon stellt sich als antik aus Odense heraus
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ein anderer ist Spliedt, Itzehoe
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und da hat Onkel Willi als Pate wohl einen versilberten Löffel pimpen lassen oder der Hersteller bot so etwas als Sondersache an
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D.h.: R&B hat außerdem die eigene, regionale Tradition der Glassteine auf ein anderes, traditionelles Besteckmuster transponiert oder transplantiert oder sowas - und möglicherweise so rückwirkend den Begriff erzeugt oder geprägt oder aber auch benannt.
Woher oder warum die 'Moderscheinung' in der genannten Region seit dem Ausgang des 18. Jh. und vor allem im 19. Jh. verbreiteten Verzierungen mit den Glasfluss-Steinen in Silber eigentlich kam - das müsstest Du dann ev. einen Kunsthistoriker fragen. Ich weiß, dass es Forschungen dazu gibt, aber was mir bekannt ist, ist eh alles auf Dänisch und praktisch nicht frei bzw. online zugänglich
Gruß
aus FL
nux