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Altersbestimmung des Möbels
Verfasst: Donnerstag 3. September 2009, 23:49
von Ronja
Hallo,
Ich habe dieses Möbel erstanden und möchte Fragen wie alt es sein könnte?Was mich irritiert, es hiess, es sei Palisanderholz. Allerdings ist es unter der obersten Schicht helles Holz, da es kein Furnier ist, was ist es dann? Sieht aus wie angemalt... Wie steht es um den Wert dieses Möbels? Und für was war es gedacht?
Vielen Dank im Voraus für die Hilfe.
Verfasst: Mittwoch 9. September 2009, 05:33
von Heinrich Butschal
Mich irritiert eher das stilistische Durcheinander. Es scheint sich um ein e Art Replika ohne konkretes Vorbild zu handeln.
Verfasst: Mittwoch 9. September 2009, 21:02
von Ronja
Ein Furnier ist es übrigens nicht, die Seitenteile sind einfach aus anderem Holz, habe nicht genau geschaut

Anscheinend lässt sich das Alter nicht gut bestimmen aber naja, auch wenn es eine Replika sein sollte, mir gefällts

Verfasst: Samstag 12. September 2009, 11:31
von Martin*
Hallo,
es wird ja oft gemacht, dass, um sehr hochwertiges Holz vorzutäuschen, ein billigeres gebeizt, wird. Das heisst, es kommt eine transparente, eingefärbte Flüssigkeit - die Beize, drüber, und dann der Lack, oder gleich ein eingefärbter Lack. Das könnte erklären, warum das Holz innen heller ist.
Die untere Platte ist zwar etwas eingebuchtet (für die Füsse), wie man es bei Schreibmöbeln oder Schminktischen hat, aber wenn das Mittelteil nicht um die 70 cm hoch ist, dann ist es einfach eine ″Kredenz″. Man stellte dort Porzellan, Zinn oder Silber ab, welches zur Tafelkultur gehörte, oder man nutzte es für Porzellanfiguren...
Es ist sehr schwierig einzuschätzen, - es wurde zwar aufwendig ein Spiegel passend eingeschliffen, und die Bänder scheinen vergoldet, auch sind Einlegearbeiten da, aber so richtig meisterlich schaut das nicht aus... Auch wären bei einem sehr alten Möbel Schlösser in den Schubladen, so denke ich, dass es eher ein Stilmöbel ist.
Wert ist schwierig anzusetzen, aber es ist sehr dekorativ und kommt heute gut an, weil nicht so wuchtig, und wegen der Zeit, sind die Fotos zu klein. Griffe und Rückseite würden da aussagekräftig sein...
Verfasst: Sonntag 13. September 2009, 18:34
von Ronja
Vielen Dank für die Infos! Wahrscheinlich habe ich in dem Fall zu viel für das Möbel bezahlt... Habe hier noch Fotos von der Rückseite und von den Griffen. Die Bänder sind angenagelt, auf der Rückseite hats zum Teil Schrauben. Die Seiten der Schubladen sind aus dem helleren Holz und im Stecksystem miteinander verbunden.
Verfasst: Sonntag 13. September 2009, 20:18
von Heinrich Butschal
Wie viel hast Du denn bezahlt?
Verfasst: Sonntag 13. September 2009, 21:07
von Martin*
Hallo,
die Bilder werden bei mir 8 x 12 cm klein dargestellt, das ist nicht viel, aber trotzdem mal meine Meinung.
Was ich als Einlegearbeiten erahnte, zeigen sich jetzt als einfache Einschnitte ins Holz, die nicht wirklich meisterlich ausgeführt wurden. - Ich kenne das von schwarzen Pendulen aus Frankreich unter Napoleon III, aber ich denke nicht, dass das Möbel so alt ist.
Die meisten Kanten wurden mit Metallbändern von der Stange beschlagen, deren Vergoldung noch so neuwertig aussieht, dass man kaum glauben kann, dass sie älter als 30 Jahre sind.
Es ist keine aufwendige Technik in der Holzbearbeitung zu erkennen. Wenn die Punkte an der Rückseite keine kleinen Holzzapfen sondern Schrauben sind, sieht das gar nicht gut aus... Die Verarbeitung insgesamt ist sehr einfach, - im ganzen sehr Dekorativ, aber im einzelnen nicht hervorragend verarbeitet, sondern auf Schau produziert.
Verfasst: Sonntag 13. September 2009, 23:32
von Ronja
Ja, habe ich mir schon gedacht, dass es nicht sooo alt sein kann, als ich die Schrauben (keine Holzstifte) gesehen habe. Eigentlich hatte ich bisher viel Vertrauen in die Verkäuferin, aber bei dem Stück hat sie sich entweder absichtlich getäuscht, oder in diesem Fall doch nicht so viel Ahnung? Jedenfalls hat sie mir gesagt, dass sie es aus einer Villa hat (die Villa gibts, die kenne ich) und das es von 1870 sei. Die Metallbänder seien schwarz angelaufen gewesen, sie habe es geputzt. Jedenfalls habe ich 600 Euro bezahlt. Mir gefällt das Möbel immer noch, aber ich bin enttäuscht, wenn sie mich falsch informiert hat

Wenigstens scheint es wirklich Palisanderholz zu sein, das hat mir eine befreundete Schreinerin bestätigt.
Habe letztens in der Brockenstube eine wunderschön erhaltene Kommode gekauft, mit geschnitzten Füssen, silbernen, verzierten Griffen und dem Originalschlüsselchen. Die Kommode hat mich einen Bruchteil gekostet und ist ja vielleicht älter als das teure Möbel?
Verfasst: Montag 14. September 2009, 08:01
von Martin*
allo nochmal,
wie ich schon schrieb, aufgrund solch kleiner Fotos ist es wirklich schwer ein Stück zu bewerten, und ich möchte die Händlerin nicht als Lügnerin darstellen!
Die Angabe der Händlerin von um 1870 würde zu den eingeschnittenen Dekors passen, - ich schrieb ja doch schon - Stil Napoleon III.
Wenn die Bänder doch schon einmal dunkel waren, wie sie sagte, dann gibt es schon noch eine Chance, dass das Stück alt ist, aber es ändert an der Qualität nichts, denn zu der Zeit hat man auch schon Schrauben verwendet, und Bänder von der Stange, da es in dieser Zeit auch schon eine grosse Möbelindustrie gab, die in Massen produziert hat.
Und dieses Möbel ist, auch wenn die Händlerin Recht hat und es alt ist, ein Möbel aus einer schnellen Serienfertigung.
Allerdings muss man sehen, dass es sehr dekorativ ist und ein Preis um die 600 Euro nicht überbezahlt, ob nun vor oder nach 1900.
Ein richtig gutes Möbel, ob nun alt oder neu, sollte drei Punkte erfüllen:
Ein sehr gutes Design, in sehr guter Verarbeitung, aus sehr guten Materialien.
Gruss,
Martin
Verfasst: Montag 14. September 2009, 11:38
von Ronja
Nochmals vielen Dank Martin für die interessanten Infos. Gestern war ich etwas unsicher wegen den vielen Fragezeichen bezgl. Qualität und Wert, aber ich glaube eigentlich auch nicht, dass die Verkäuferin mich über den Tisch gezogen hat. Wie gesagt, bisher hat sie mir gute Möbel zu fairen Preisen verkauft.
Ich wusste übrigens nicht, dass die Möbel z.T. um 1900 schon serienmässig hergestellt wurden. Seit wann kamen denn eigentlich Schrauben in den Einsatz?
Verfasst: Montag 14. September 2009, 12:10
von Martin*
Hallo,
Schrauben gibt es schon seit über 2000 Jahren, aber wie lange man sie schon bei Möbeln einsetzt kann man nicht so genau sagen.
In einem wirklich guten Möbel würde ein Meister niemals mal schnell Metallschrauben zur Verbindung vom Holz-Korbus benutzen!!!
Man leimt, und erfahrene und qualitätvolle Schreiner haben vor über 150 Jahren zudem noch lieber Holzzapfen benutzt, das ist sicherer, gibt keine Rostflecken und hält unglaublich gut. - Ich habe Stühle um 1750 die fester sind und mehr aushalten als moderne...
Spätestens im Biedermeier hat man schon serienmässig Möbel hergestellt und durch Kataloge verkauft. Seit etwa 1840 - etwa - kennt man auch schon den Stahl - Federkern für Polsterungen.
Empfehlenswert aber ernüchternd ist auch ein interessanter Versandhauskatalog von Kaufhaus Wertheim Berlin um 1904, - er ist z.B. bei eB.. als günstiger Reprint / Nachdruck zu bekommen.
Da gehen einem die Augen über, welches grosse Angebot man z.B. um 1904 noch an Gründerzeitmöbeln hatte, - seriell in Massen hergestellt... und das mitten im Jugendstil... Das alles macht das Datieren oft sehr schwer...
Gruss,
Martin