Moin Moin an Alle!
Ich bin sehr begeistert über die große Expertise in den Beiträgen zu meiner Frage. Ich habe sehr viel lernen können und betrachte meine Deckeldose nun mit ganz anderen Augen. Ihr habt meine jugendliche und lang vergessene Begeisterung für die Kunstgeschichte neu wecken können. Vielen herzlichen Dank für Eure Bemühungen und die ausführlichen Unterweisungen!
Ich vergaß die Größe der Dose anzugeben:
Durchmesser: 17cm
Höhe: 7,5cm (ohne Deckel und Füße)
Sie erscheint mir deshalb etwas zu Groß für eine Tabakdose. Wahrscheinlich ist es eher eine kleine Keksdose. Dafür spricht auch die Tatsache, das der Deckel sehr dicht schließt, obwohl er auf den ersten Blick nur aufzuliegen scheint.
Zuletzt beschäftigt mich noch die Frage nach dem Material und der Verarbeitungsmethode. An einigen wenigen Stellen der Ornamente und dort, wo der Knopf den Deckel berührt, waren winzige Knospen Grünspan zu finden. Ich habe einmal den Deckel zerlegt und darin eine Einlage aus Pappe gefunden. Die Unterseite ist mit einer rötlich schimmernden Flüssigkeit behandelt und die Oberseite mit einer dicken schwarzen Farbschicht. In diese Farbschicht wurde die römische Zahl XII eingeritzt. Die gesamte Dose ist nicht magnetisch. [siehe Bilder unten]
Vielleicht kann jemand noch einen Hinweis geben, warum eine so extrem aufwendige Verarbeitung durchgeführt wurde. Wurde hier eine Trennung von Nutzteil und Muster durchgeführt, um die Nutzteile in großer Serie vorproduzieren zu können? Das ging in jedem Fall zu Lasten des Arbeitsaufwandes. War menschliche Arbeit damals so billig? - Ich überlege, wie viel Arbeit in dieses Objekt geflossen ist und was ein solches Stück zu seiner Entstehungszeit gekostet haben muss. Wie viele Exemplare mussten dafür hergestellt werden, um die doppelwandige Konstruktion und die werkzeugtechnische Umsetzung dieser Konstruktion zu amortisieren?!
Ich komme zu dem Schluss, dass dieses Objekt wahrscheinlich einen größeren Erinnerungswert verkörpert, als es einen Handelswert hat. In meinen Kindheitstagen stand diese Dose tatsächlich im Raucherzimmer meiner Großeltern auf dem Herrentisch und manchmal durfte ich die Dose vorsichtig öffnen und einen Butterkeks entnehmen, den unsere Großmutter am Tag zuvor selbst gebacken hatte...
Nochmals herzlichen Dank an Alle für die Bemühungen, meine Fragen zu beantworten und einen ungewöhnlichen Gegenstand ins rechte Licht zu setzen. (Vielen Dank auch für die Links!!!)
Beste Grüße,
Carlos

- Deckel zerlegt
- IMG_20240210_213819_k.jpg (155.91 KiB) 2235 mal betrachtet