Das ist kein Möbel für den Salon, sondern war das Buffet in einem gut betuchten bürgerlichen Haushalt, und stand im Esszimmer. Auf der Anrichte und den herausziehbaren Platten wurden beim Servieren die Schüsseln, Platten und Terrinen abgestellt.
Das stimmt natürlich, da habe ich nicht fertig geschaut. Esszimmer. Gut betucht ja, aber ich würde trotzdem sagen, unter anderem die Dimensionen sprechen eher für die Klasse "aufstrebend" als "ganz oben".
Furnier: habe ich mich an den Türen verguckt? Wodurch entstehen denn da die rautenförmigen Motive insbesondere der Füllung? (Und, ja, auch an den Schubladen meinte ich.)

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Datierung: 1910er oder 1920er kann natürlich genauso gut stimmen. 30er halte ich für zu spät. Ich habe (um mich zu vergewissern, dass ich keinen völligen Blödsinn schreibe) trotzdem gerade nochmal (willkürlich) den 1906er Jahrgang der 'Innendekoration' aus dem Regal gegriffen und etwas geblättert. Natürlich darf man nicht bei den Avantgardisten Riemerschmidt oder Hofmann anhalten, aber bei den etwas weniger herausstechenden Entwerfern, die (auch) für die Breite des 'gediegenen' Bürgertums produzierten, sind eigentlich alle Elemente in der einen oder anderen Form schon in der Zeit zu finden. Die Säulen sogar ziemlich häufig. Das gerundete Glas zugegeben selten, häufiger sind Facetten. Den gerundeten Ausschnitt unter dem Spiegel wiederum sah ich mehrfach bei Buffets auf den angeschauten 100 Seiten.
Als Beispiele (wie gesagt, auf die Schnelle und nicht systemtisch geschaut, also gibt es vielleicht noch passenderes) 2 Möbelstücke der Fabrik Josef Trier (der gerne Architekten der 'traditionellen Moderne' aus der beauftragte, die heute nicht mehr so bekannt sind aber damals kommerziell der Renner waren).
Am Wohnzimmermöbel gerundetes Glas und ovale Spiegel sowie diamant-artiges Furnierbild (obwohl das ja noch weiter verbreitet ist und letztlich nicht viel aussagt), am Buffet Säulen. Im Gesamtbild wirkt gerade das Wohnzimmer-Möbel, in vielerlei Hinsicht ein schönes Beispiel für das "Neo Empire" nach 1905, natürlich noch ausgewogener und hochwertiger, aber das ist immerhin aus der führenden Zeitschrift für Innenanrchitektur.

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Ergänzung 1: mit den Klavierband-Scharnieren habe ich mich schonmal in die Nesseln gesetzt, dazu wollte ich also nichts mehr sagen - sprechen die nun für eine spätere Datierung oder nicht? Ich habe sie tatsächlich als frühestes an einer Kommode der späten 20er/30er. Aber angeblich gab es die ja auch schon früher?
Ergänzung 2: der Zustand war mir auch aufgefallen, stimmt, das sollte man noch mit einrechnen. Wer vierstellig zahlt, hält oft mehr von gut restauriert als von authentisch abgewohnt...