Seite 1 von 1
Königin Louise Zinnteller
Verfasst: Mittwoch 29. Januar 2025, 19:19
von Rasa
Hallo zusammen,
dieser Teller (vermutlich Zinn) stammt aus einer Erbschaft in Bayern und hat einen Durchmesser von ca. 22,5 cm und ein Gewicht von ca. 450 g.
Auf der Rückseite erkenne ich noch einen Engel mit Waage, bei den anderen Zeichen muss ich passen. Starke Gebrauchsspuren und Patina.
Online konnte ich Informationen über Königin Louise finden, nicht aber einen vergleichbaren Teller.
Weiß jemand Näheres zu Alter und ungefährer Wert?
Herzlichen Dank im Voraus!

- 03.jpg (366.34 KiB) 429 mal betrachtet

- 02.jpg (294.95 KiB) 429 mal betrachtet

- 01.jpg (291.86 KiB) 429 mal betrachtet
Königin Louise Zinnteller
Verfasst: Freitag 31. Januar 2025, 11:44
von emilio
Hallo
Ich will mal versuchen die Schwierigkeiten bei der Identifizierung dieses Stückes zusammen zufassen.
Die Punzen sind nur teilweise sichtbar, daher könnte es:
- Ein Neuzeitliches Stück des 20. Jhd sein unter Verwendung von Phantasiepunzen, die an alte Punzen angelehnt sind
- Ein Neuzeitliches Stück des 20. Jhd mit der Marke des Herstellungsbetriebes
- Ein altes Stück mit den Punzen des Herstellers.
Ich denke bei dem rechten Punzenfragment steht "Feinzinn". Daher würde ich da einen Hersteller aus dem deutschsprachigen Raum vermuten.
Zu sehen ist weiter die Darstellung eines Menschen und links davon ein aufspringendes Geweihtier.
Links wieder eine Figur, ich sehe einen Flügel und eine Waage, daher ist das vermutlich ein Engel.
Um Überhaupt in die Gruppe 3, der historischen Zinnpunzen zu kommen müßten die Punzen nur abgerieben sein und nicht bereits mitgegossen oder absichtlich nur so fragmentös dargestellt.
Daher mach doch bitte mal weiter große Bilder bei Tageslicht, insbesondere auch die komplette Rückseite des Tellers.
Ich hab heute mal in den Hinze Bänden nachgesehen, weil ich vermutet habe, daß das Geweihtier vielleicht auch auf der Engelspunze ist. Es gibt solche Punzen; ich mach mal ein Beispiel.
Die Punze 412
[Gäste sehen keine Links]
Dahinter steht: Johannes Augspurger
[Gäste sehen keine Links]
Der ist es allerdings Nicht, weil da die 'Armbeuge und der Flügel und wie die Waage hängt' zwar ähnlich sind, aber halt Nur ähnlich.
Das Stück ansich wirkt zwar alt; allerdings finde ich die Gravur und auch das Motiv doch als zu neuzeitlich; gefühlt sind das eher Phantasie Marken und eine neuzeitliche Arbeit.
Ein zweites Stück hab ich nicht gefunden.
Aber schaun wir mal.
Bester Gruß
Emilio
Königin Louise Zinnteller
Verfasst: Freitag 31. Januar 2025, 11:48
von gudrund
Auffällig für mich als Nicht-Zinnkenner, die "Louise" statt die "Luise".
Wer schreibt das falsch aus der Zeit?
Königin Louise Zinnteller
Verfasst: Freitag 31. Januar 2025, 11:58
von Herr Jeh
gudrund hat geschrieben: ↑Freitag 31. Januar 2025, 11:48
Auffällig für mich als Nicht-Zinnkenner, die "Louise" statt die "Luise".
Wer schreibt das falsch aus der Zeit?
Meine Großmutter wurde auch Louise geschrieben - geb. 1927
Königin Louise Zinnteller
Verfasst: Freitag 31. Januar 2025, 12:12
von gudrund
Mein Vater hat die Preussen-Münzen gesammelt, da hängt eine eingerahmte Münze mit Luise in unserem Schafzimmer.......
Ausserdem kenne ich kein Bild von ihr, wo sie so ein mittelalterliches Kleid trägt....
Ich bin auf ein Gymnasium gegangen, dass früher "Königin Luise-Schule" hieß, Wir sollten ein Deckblatt für eine Schülerzeitung entwerfen, ich wollte es "Louise" nennen....fiel sofort als falsch auf.

Königin Louise Zinnteller
Verfasst: Freitag 31. Januar 2025, 13:18
von nux
gudrund hat geschrieben: ↑Freitag 31. Januar 2025, 11:48
Auffällig für mich ... die "Louise" statt die "Luise".
Wer schreibt das falsch aus der Zeit?
Hallo,
aus welcher Zeit? warum? weil vor allem zuerst: welche Königin ? gab ja mehr als eine dieses Vornamens - und selbst bei einer deutschen Titulierung kann man nicht unbedingt darauf schließen, dass es eine deutsche Königin war. Da viele ins Ausland verheiratete der Damen eben 'deutsche' Wurzeln hatten, wurde ihnen auch in heimischen Gefilden u.U. gedacht & gehuldigt. Von deutschen Darstellungen richtiger ausländischer Darstellungen noch mal ganz abgesehen...
Luise Auguste Wilhelmine Amalie von Mecklenburg-Strelitz, Königin von Preußen (1776-1810)
[Gäste sehen keine Links] - oder dort
[Gäste sehen keine Links]
Für sie gab es, da Französisch ja auch die Sprache des Adels und der 'Höhergestellten' war, immer schon beide Schreibweisen; Unterschriften von ihr auf Briefen waren je nach Land entsprechend verschieden.
Das wiederum könnte auch auf andere Luisen zutreffen - man bräuchte sicherheitshalber eine annähernde Vorlage für diese Gravur. Ja, das Gesicht sieht schon etwas aus wie Luise von Preußen; wieviel künstlerische Freiheit aber dann beim Kleid?
nur mal so ein paar 'echte' Louisen, gab glaub noch mehr
Louise zu Mecklenburg, Königin von Dänemark
[Gäste sehen keine Links]
Louise von Schweden und Norwegen, Königin von Dänemark
[Gäste sehen keine Links]
Louise von Großbritannien, Irland und Hannover, Königin von Dänemark-Norwegen
[Gäste sehen keine Links]
Louise Wilhelmine Friederike Caroline Auguste Julie von Hessen, Königin von Dänemark
[Gäste sehen keine Links]
Königin Louise von Belgien
Königin Louise von Lothringen, 16. Jh.
denke schon, dass es sich um einen 'alten' Teller handelt - eine neuzeitliche Replik machte da einfach auch zu wenig Sinn
Gruß
nux
Königin Louise Zinnteller
Verfasst: Freitag 31. Januar 2025, 18:14
von Rasa
Herzlichen Dank für die vielen, interessanten Antworten! Ich werde am Wochenende den Teller noch mal besser fotografieren und stelle ihn dann ins Netz.
Euch allen einen schönen Abend!
Königin Louise Zinnteller
Verfasst: Freitag 31. Januar 2025, 18:50
von Krimskrams
Hallo,
ein Portrait von Königin Luise von Preußen nach einem Gemälde von Franz Gerhard von Kügelgen (1772-1820) könnte die Vorlage für das Motiv gewesen sein.
(1. Bild) [Gäste sehen keine Links]
gab es auch auf Postkarten gedruckt zB
[Gäste sehen keine Links]
Liebe Grüße
Königin Louise Zinnteller
Verfasst: Freitag 31. Januar 2025, 19:20
von Zinnsammler
Das ist doch etwas schwierig.
Trotz der recht schlechten Fotos würde ich den Teller schon als alt ansehen und keine Nachahmung vermuten.
Er scheint im Gebrauch gewesen zu sein. Darauf weisen auch die mindestens 2 Reparaturstellen hin.
Ob die Gravur auch alt ist oder erst im Historismus dazugekommen ist, kann man schwer sagen.
Bei den Marken wird es aber ganz schwer. Engelmarken sind sicher um die Tausend bekannt. Da die Richtige herauszufinden ohne etwas mehr erkennen zu können, ist schwieriger als die berüchtigte Nadel im Heuhaufen zu finden ...
Königin Louise Zinnteller
Verfasst: Sonntag 2. Februar 2025, 14:47
von Rasa
Hallo zusammen,
wirklich beeindruckend wieviele Infos hier kommen, herzlichen Dank!
Gerade die Motivvorlage des Gemäldes von Kügelgen finde ich sehr interessant, kannte ich nicht. Ich finde, was noch wichtiger ist als eine Ähnlichkeit der Gesichter, sind die Details wie Frisur, Krone und Steine des Kleids. Selbst der mittlere "Bruststein" auf dem Kleid hat einen Cabochon Schliff.
Wie auch von Euch erwähnt, gibt es mehrere Reparaturstellen (ich zähle 6 Stück). Bei einer blitzt Kupfer? oder Messing? durch (s.a. Foto).
Für mich sieht der Teller definitiv alt aus, die Frage ist nur, ist die Gravur der Königin auch genauso alt? Kann es sein, dass im Zuge der posthumen Verehrung von Königin Luise die Gravur nachträglich auf einen alten Teller graviert wurde?
Vielen Dank für Euer Interesse! Schönen Sonntag Abend.

- 04.jpg (266.87 KiB) 223 mal betrachtet

- 03.jpg (292.43 KiB) 223 mal betrachtet

- 02.jpg (308.46 KiB) 223 mal betrachtet
Königin Louise Zinnteller
Verfasst: Sonntag 2. Februar 2025, 14:48
von Rasa
Wie auch von Euch erwähnt, gibt es mehrere Reparaturstellen (ich zähle 6 Stück). Bei einer blitzt Kupfer? oder Messing? durch (s.a. Foto).

- 01.jpg (227.69 KiB) 408 mal betrachtet
Königin Louise Zinnteller
Verfasst: Sonntag 2. Februar 2025, 14:54
von gudrund
Zitat @Zinnsammler: "Ob die Gravur auch alt ist oder erst im Historismus dazugekommen ist, kann man schwer sagen.",
genau das findet er doch auch schwierig herauszubekommen.....
Ich habe ja null Ahnung von Zinn, aber kann da was drunter sein?
Königin Louise Zinnteller
Verfasst: Sonntag 2. Februar 2025, 15:25
von Rasa
Zitat @Zinnsammler: "Ob die Gravur auch alt ist oder erst im Historismus dazugekommen ist, kann man schwer sagen.",
genau das findet er doch auch schwierig herauszubekommen.....
stimmt!

Ich hab die Frage falsch formuliert: gibt es bekannte Fälle, bei denen sowas bei Zinntellern gemacht wurde? Eine Zeit die Ruinen nachbaut, könnte vielleicht auch sowas machen. (Heute ja sowieso: Thema Vintage).
Königin Louise Zinnteller
Verfasst: Sonntag 2. Februar 2025, 16:34
von gudrund
Da kriege ich jetzt wahrscheinlich eins auf den Deckel.....also, Luise ist 1810 gestorben, das Portrait wurde 1816 gemalt und hing wohl im Rathaus Memel.
Wie viele Abbildungen davon ab wann existiert haben, ungewiss.
Sie erfreute sich jahrzehntelang großer Beliebtheit. Wenn der Graveur nicht vor dem Gemälde gesessen hat, kann er irgendwann eine Abbildung als Vorbild gehabt haben.
Die Postkarten sind ja erst um 1905, aber vielleicht gab es schon vorher Abbildungen.
Jedenfalls kann das Portrait nicht vor 1816 auf den Teller gekommen sein (terminus post quem).
Interessanter finde ich aber das, was da durchschimmert. Gibt es verzinnte Teller?
Königin Louise Zinnteller
Verfasst: Sonntag 2. Februar 2025, 16:43
von Schmidtchen
Bei größeren Reparaturstellen legt man schon mal Kupfer ein.
Darauf kann man dann besser Lot legen um die Lücke zu schließen
Königin Louise Zinnteller
Verfasst: Sonntag 2. Februar 2025, 17:43
von Zinnsammler
Es ist so, das man im Historismus oft alte Stücke hergenommen hat um sie etwas aufzupeppen. Entweder hat man alte Stücke im Ganzen kopiert, Teile davon genommen um etwas Neues zu schaffen oder so wie wahrscheinlich hier geschehen, alte Stücke aufgewertet.
Letztendlich ist es aber auch ziemlich egal. Wahrscheinlich wird der Teller in dem schlechten Zustand keinen Liebhaber mehr finden. Was schade ist.
Aber es ist schon ein echter Zinnteller, nichts verzinntes.
Schmidtchen hat da recht.
"Bei größeren Reparaturstellen legt man schon mal Kupfer ein.
Darauf kann man dann besser Lot legen um die Lücke zu schließen"
Königin Louise Zinnteller
Verfasst: Dienstag 4. Februar 2025, 16:19
von Rasa
Ganz herzlichen Dank für die vielen, sehr detaillierten und informativen Antworten! Sollte ich wider Erwarten von irgendwoher noch eine neue Info bekommen, stelle ich sie hier rein.
Eine gute Woche noch! Viele Grüße Rasa